Folgt man den linken Verlautbarungen, werden dem öffentlichen Sektor als Folge «neoliberaler Politik» schweizweit immer mehr Mittel entzogen. Einschneidende Sparmassnahmen zulasten der Bevölkerungen seien die Folge – von Staatsabbau ist rasch die Rede. Das dem nicht so ist, sondern dass vielmehr das Staatswachstum ungebrochen ist, von dem mehr der Verwaltungskörper als die Allgemeinheit profitiert und Steuersenkungspotenziale zugunsten der Allgemeinheit nicht genutzt werden, wird hier exemplarisch am Beispiel des Kantons Zürich aufgezeigt.

Kantonale Ausgaben übertreffen Bevölkerungswachstum deutlich

Seit 2016 ist die Zürcher Bevölkerung um 4% gewachsen. Mittlerweile zählt der grösste Schweizer Kanton 1,56 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Deutlich stärker als die Zürcher Bevölkerung wächst der öffentliche Sektor: Im Vergleich zum Bevölkerungsanstieg hat sich das kantonale Ausgabenwachstum fast verdreifacht, nämlich um satte 11% (vgl. Abbildung 1).

Die Folgen sind offensichtlich – der Stellenzuwachs im öffentlichen Sektor des Kantons Zürich kennt nur eine Richtung: nach oben. Die wachsende Zahl an Staatsangestellten überflügelt mittlerweile jene der Privatwirtschaft. Ihr Stellenangebot wächst nur halb so schnell wie das des öffentlichen Sektors. Letzterer mausert sich in der Schweizer Wirtschaftsmetropole damit zum grössten Arbeitgeber bzw. konkurrenziert diesen immer mehr bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften.

Das liegt auch am Vergütungssystem des öffentlichen Sektors. Dieses kann sich durchaus sehen lassen. Das kantonale Lohnsystem  listet säuberlich 29 verschiedene Lohnklassen aus, in der höchsten Lohnklasse kann ein Maximaleinkommen  von fast 275’000 Franken erzielt werden. Ebenso geniessen die Zürcher Staatsangestellten teilweise mehr Privilegien als die Werktätigen im privaten Sektor: Diese reichen von einem ausgebauten Kündigungsschutz (inklusive gesetzlich vorgegebenen mehrmonatigen Bewährungsfristen bei ungenügender Leistung) über die beliebten Lunchchecks für die Mittagsverpflegung bis zu einem Geldzuschlag von 25%  für jene kantonalen Mitarbeitenden, deren Überzeit bar vergütet wird.

Ungeachtet von Pandemie- und Wirtschaftskrisen bleibt das kantonale Stellenwachstum ungebrochen. Für das laufende Jahr sind im Kanton Zürich 1120 neue Vollzeitstellen geplant, die Grenze von 50’000 Vollzeitstellen wird gemäss kantonalem Finanzplan bereits 2023 überschritten. Das Resultat einer solch extensiven Politik der Personalvermehrung ist offensichtlich: Die Steuereinnahmen fliessen immer mehr in den öffentlichen Betriebsunterhalt statt in die öffentliche Infrastruktur, wobei nur letztere entscheidend zur Standortqualität beiträgt.

Doch auch kantonale Einnahmen übertreffen Bevölkerungswachstum

Bleibt damit Raum für steuerliche Entlastungsmassnahmen, die angesichts der fehlenden steuerlichen Attraktivität eigentlich dringend notwendig wären? Bei der Unternehmensbesteuerung verbandelt sich der Zürcher Löwe mit dem Berner Bären, der ihm in der steuerlichen Unattraktivität nicht nachstehen will: Die zwei grössten Schweizer Kantone belegen mittlerweile die beiden letzten Plätze im interkantonalen Ranking der Gewinnbesteuerung von Unternehmen.

Auch bei den natürlichen Personen ist der Handlungsbedarf aus liberaler Sicht unbestritten – eine äusserst steile Progression und die Abwanderung vermögender Personen in umliegende Kantone sprechen eine klare Sprache für den Handlungsbedarf in der Zürcher Fiskalpolitik. Die vom Zürcher Kantonsparlament gegen den Widerstand der Regierung beschlossene Steuersenkung um 1 Prozent im Dezember 2021 kann daher nur der Anfang von weitergehenden Steuersenkungen sein. Der finanzpolitische Spielraum ist dafür vorhanden.

Zwei Beweggründe sprechen dafür: Neben dem stark steigenden Ausgabenwachstum sind auch die kantonalen Einnahmen im Gleichschritt gewachsen – seit 2017 überproportional. Wird dem extensiven Ausgabenwachstum durch eine kohärente bürgerliche Politik Einhalt geboten, eröffnet sich automatisch eine Gelegenheit, die Steuerzahlenden zu entlasten – sofern der politische Wille dazu vorhanden ist.

Wie der Kanton, so auch die Stadt Zürich

Mit den über 20’000 Stellen und dem drittgrössten Budget der Schweiz – nur der Bund und der Kanton Zürich bestreiten einen grösseren Finanzhaushalt – ist die Stadt Zürich ein gewichtiger Akteur. Ihre Haushaltsführung besitzt damit einen grossen Hebel. Trotz der Coronakrise schliesst die Rechnung 2021 der Limmatstadt mit einem Ertragsüberschuss von über 120 Mio. Franken ab. Somit hätte sie das Potenzial einer Steuerfusssenkung von über 7 Prozentpunkten. Eine solche ist jedoch nicht in Sicht. Man will auf «grössere Herausforderungen» vorbereitet sein, wie etwa «das Klimaziel Netto-Null, die [städtische] Wohnpolitik und internationale Krisen». Geplant ist ferner ein Ausbau im öffentlichen Sektor von über 2000 neuen Stellen bis Ende 2025. Die städtische Planung läuft demnach auf Hochtouren. Eine nachhaltige Haushaltsführung oder sinnvolle Standortspolitik findet darin aber keinen Platz mehr.

Potenzial für Steuersenkungen von über 7%

Die Verantwortlichen für die Finanzen des Kantons Zürich haben in den vergangenen fünf Jahren stets zu konservativ, sprich übervorsichtig budgetiert, mit der Folge, dass die kantonalen Rechnungsabschlüsse deutliche Einnahmenüberschüsse auswiesen. Gesamthaft mehr als 2 Milliarden Franken liegen die Einnahmenüberschuss von 2016 bis 2020 über den Voranschlägen, fast eine halbe Milliarde Franken pro Jahr (vgl. Abbildung 2). In den letzten fünf Jahren hätte der Kanton Zürich damit problemlos im Durchschnitt mit 7,3 Steuerprozenten weniger auskommen können, ohne in eine Defizitspirale zu geraten.