Avenir Suisse hat im Januar vorgeschlagen, dass die Kantone Steuergelder direkt an die Steuerzahlenden zurückvergüten sollen, wenn sie nicht-budgetierte Überschüsse schreiben und keine signifikante Verschuldung mehr aufweisen. Die Idee der Steuerrückvergütung hat es schnell in die öffentliche Debatte geschafft, genährt auch durch das Finanzjahr 2023, in dem die Kantonsrechnungen einmal mehr deutlich besser ausfielen als budgetiert: Statt eines Defizits von kumuliert 1,34 Mrd. Fr. erzielten die 26 Kantone einen Überschuss von 2,2 Mrd. Fr. – und das, obwohl die Schweizerische Nationalbank erstmals kein Geld an die Kantone ausschütten konnte, während diese gesamthaft 1,76 Mrd. Fr. an Einnahmen aus dieser Quelle budgetiert hatten.

Umzüge, Heiraten, Scheidungen – wirklich ein Problem?

Ein häufig gegen die Steuerrückvergütung vorgebrachtes Argument ist, diese scheitere schon an ihrem Aufwand. So äusserte Finanzdirektor Markus Dieth (AG) gegenüber der «Aargauer Zeitung», eine Steuerrückvergütung dürfte in der Praxis nur sehr umständlich und aufwendig realisierbar sein. Journalist Cyril Aregger schrieb in einem Kommentar in der «Luzerner Zeitung», die Rückvergütung sei «administrativ sehr aufwendig». Und der Finanzdirektor des Kantons Schwyz, Herbert Huwiler, gab im News-Magazin 10vor10 zu bedenken, all die Umzüge, Heiraten, Scheidungen und Todesfälle manuell zu korrigieren, sei ein grosser Aufwand.

Wer befürchtet, für die Rückvergütung extra Heerscharen von Beamten beschäftigen zu müssen, ist sich vermutlich einer wichtigen Modalität nicht bewusst: Die Rückvergütung wäre nicht mit physischen Rückzahlungen verbunden, sondern sie würde direkt im Rahmen der Steuerschlussrechnung saldiert.

Ein Beispiel: Ein Kanton hat einen Steuerfuss von 140%. Im Jahr 2023 wird ein ungeplanter Überschuss erzielt, der 5% aller Steuereinnahmen entspricht, auf die der kantonale Steuerfuss angewendet wird. Die Steuerschlussrechnung für das Jahr 2023 wird erst im Herbst 2024 verschickt. Dann ist das Jahresergebnis längst bekannt. In dieser Steuerschlussrechnung würde der Kanton seinen Steuerfuss entsprechend um 5% – nicht Prozentpunkte – senken. 5% von 140% sind 7 Prozentpunkte. Saldiert um die Steuerrückvergütung betrüge der Steuerfuss für das Jahr 2023 also noch 133%.

Vorderseite einer Schweizer Steuererklärung mit Bargeldmünzen

Kein einziger Beamter müsste Heiraten, Scheidungen oder Todesfälle nachtragen, denn eine Steuererklärung ist eine Steuererklärung. (Adobe Stock)

Wie bei einer Steuerfusssenkung

Es gibt Kantone, die ihren regulären Steuerfuss ziemlich oft anpassen. Schaffhausen hat seinen sogar in sieben aufeinanderfolgenden Jahren gesenkt. Dabei ist der administrative Aufwand offenbar nicht explodiert. Kein einziger Beamter muss irgendwelche Heiraten, Scheidungen oder Todesfälle nachtragen, denn eine Steuererklärung ist eine Steuererklärung. Die Schlussrechnung verursacht nicht mehr Aufwand, wenn sie zu einem temporär geringeren Steuerfuss veranschlagt wird. Der administrative Aufwand für eine Rückvergütung, die nach der gleichen Logik wie die Steuerfusssenkung erfolgt, dürfte sich daher in engen Grenzen halten.