Die Schweiz hat sich im Rahmen des Übereinkommens von Paris 2017 – und abgesichert durch einen Bundesratsbeschluss 2019 – verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der bisher beschlossene Absenkpfad sieht ein Verminderungsziel von 20% bis 2020 und 50% bis 2030 gegenüber dem Treibhausgas-Ausstoss (THG-Ausstoss) von 1990 vor. Für 2020 wurde mit einer Reduktion um 19% das Ziel insgesamt knapp verfehlt, wie neueste Zahlen des Treibhausgasinventars des Bundes belegen. Dabei trugen die Sektoren verschieden stark zum Rückgang bei: minus 39% bei den Gebäuden, 15% in der Industrie, 14% durch die Landwirtschaft, 8% im Verkehr, und bei allen übrigen Emittenten resultierte ein Minus von 2%. Der Handlungsdruck bleibt somit hoch. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Zahlen für 2020 pandemiebedingt – u.a. war die Mobilität eingeschränkt – tiefer ausfielen als im Normalfall. Höchste Zeit also, in die Gänge zu kommen.

Entspricht das im Juni zur Abstimmung gelangende «Bundesgesetz vom 30. September 2022 über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KIG)» – oder Klimaschutzgesetz, wie es medial genannt wird – den vier Kriterien einer wirkungsvollen Klimapolitik, wie sie von Avenir Suisse formuliert worden waren?

Werden CO2-intensive Technologien nicht besteuert, beträgt die Kostenwahrheit null. (Chris Leboutillier, Unsplash)

  1. Effektivität: Eine Vorlage sollte in erster Linie danach beurteilt werden, in welchem Ausmass sie zu einer Reduktion der CO2-Emissionen führt. Das vorliegende Gesetz will die Emissionen durch Subventionen absenken, indem klimaverträglichere Energieträger oder Prozesse gegenüber fossilen Alternativen verbilligt werden. Das Gesetz schliesst dabei nicht alle Emittenten ein, sondern fokussiert auf die Wärmebereitstellung in Gebäuden sowie neue Technologien, um die Energieeffizienz in der Industrie zu steigern. Die Mobilität oder beispielsweise auch die Landwirtschaft sind nicht abgedeckt und benötigen zusätzliche Massnahmen. Unter diesen Bedingungen kann die Effektivität des Klimagesetzes bestenfalls als mittel eingeschätzt werden.
  2. Effizienz: Beim Kriterium der Effizienz lautet die Frage, welche CO2-Reduktion eine Vorlage pro eingesetztem Franken erreicht. Dazu gibt die Urek des Nationalrates (Urek-N) gleich selbst ein Beispiel: «Mit 200 Millionen Franken an zusätzlichen Fördermitteln können pro Jahr rund 10’000 Heizungen mehr ersetzt und [kann] somit jährlich eine CO2-Wirkung von 0,1 Millionen Tonnen erzielt werden.» Mit anderen Worten betragen die Vermeidungskosten 2000 Fr. pro Tonne CO2. Dies ist ein exorbitanter Preis. Selbst eine der heute noch teuersten Technologien – das Absaugen von CO2 aus der Luft und die dauerhafte Einlagerung im Boden kostet weniger als ein Drittel. Fairerweise muss aber hinzugefügt werden, dass bei einem Heizungsersatz das CO2 jedes Jahr wieder von Neuem eingespart wird. Da gemäss Angaben der Vorlage davon ausgegangen wird, dass der Ersatz einer fossilen Heizung 10 Tonnen CO2 pro Jahr einspart (was eine sehr hohe Annahme ist), resultieren bei einer 15-jährigen Lebensdauer der Anlage Vermeidungskosten von 133 Fr. pro Tonne. Im internationalen Kontext betragen die Kosten oft weniger als 50 Franken pro Tonne CO2. Die Effizienz muss als gering eingeschätzt werden.
  3. Kostenwahrheit: Ein drittes Kriterium, und zugleich Kernelement einer wirksamen Klimapolitik, ist die Kostenwahrheit. Damit wird erreicht, dass der Verursacher der CO2-Emissionen (bzw. deren künftiger Klimawirkungen) jene Kosten trägt, die andernfalls der (künftigen) Gesellschaft aufgebürdet würde. Subvention stellen keine Kostenwahrheit her, sondern schaffen – ganz im Gegenteil – Kostenunwahrheit auf beiden Seiten: CO2-arme Technologien werden subventioniert, CO2-intensive nicht besteuert. Die Kostenwahrheit der Vorlage beträgt null.
  4. Technologieneutralität: Eine Massnahme soll nicht bestimmte Technologien per se bevorteilen, benachteiligen oder gar verbieten. Das Klimagesetz verbietet keine Technologien, bevorteilt aber jene bzw. entsprechende Projekte, die von Juroren als förderungswürdig beurteilt werden. Dies verletzt das Prinzip der Technologieneutralität und erhöht die Gefahr, dass die Effizienz der Massnahme suboptimal ausfällt. Die Technologieneutralität des Gesetzes ist null.

Eine Abgabe auf fossilen Energieträgern – unabhängig von deren Einsatzgebiet – und deren Rückverteilung an die Bevölkerung wäre ein einfaches Instrument, um die Schweiz mit einem Boost auf dem Pfad Richtung netto-null voranzubringen. Eine solche Abgabe würde auch die vier oben genannten Kriterien mühelos erfüllen. Doch eine solche Massnahme steht nicht zur Abstimmung.

Die Schweiz allein wird das Klima nicht «retten». Aber mit einer effektiven, effizienten, der Kostenwahrheit und der Technologieneutralität verpflichteten Klimapolitik kann sie ein Vorbild sein. Nicht um sich selbst überlegen zu fühlen, sondern als politische Blaupause für andere Länder.

Vertiefende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Wirkungsvolle Klimapolitik» sowie in einem weiteren Blog über das Klimaschutzgesetz