Die Medienbranche steckt in einem Strukturwandel. Wie sich dieser auf Medienunternehmen auswirkt, damit hat sich der erste Teil dieser Blog-Serie beschäftigt. Um ein umfassenderes Bild der Branche zu erhalten, soll nun die Entwicklung der Beschäftigten im Journalismus untersucht werden.

Eine Frage der Perspektive

Wer die öffentlichen Debatten verfolgt, erhält zuweilen den Eindruck, dass es immer weniger Medienschaffende gibt. Das Online-Magazin «Republik» titelte etwa vergangenes Jahr: «Jede Woche eine Journalistin weniger». Das ist eine knackige Schlagzeile, die jedoch aufs Jahr übersetzt 52 Journalisten weniger bedeutet. Bei laut Bundesamt für Statistik (BFS) schweizweit rund 12’000 Erwerbstätigen im Journalismus wären das gerade mal 4,5 Promille des Bestands. Zudem dürften viele den Titel falsch verstehen. So wurden im entsprechenden Beitrag nur die Austritte aus dem Beruf gezählt, nicht aber die Eintritte – nach dieser Logik wäre der Zürichsee seit Jahren trocken, denn auch hier gilt: Jede Woche eine Unmenge Wasser weniger.

Wie also steht es um den «Pegel» der Erwerbstätigen im Journalismus? Die Antwort auf diese Frage hängt von der Beobachtungsperiode ab. Über die letzten drei verfügbaren Jahre der BFS-Statistik ist er gesunken – sogar stärker als aufgrund des «Republik»-Titels vermutet werden könnte. Allerdings schwanken die Zahlen von Jahr zu Jahr. Insgesamt kann bei der Zahl der Erwerbstätigen im Journalismus über die vergangene Dekade eine leicht negative Tendenz ausgemacht werden: Sie ist von etwas über auf unter 12’000 Personen zurückgegangen.

Interessant ist, dass das Narrativ der wachsenden «PR-Übermacht» für die vergangenen zehn Jahre nicht stimmt. Denn die Zahl der Erwerbstätigen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit blieb über diese Periode ebenfalls relativ stabil. Nach einem Anstieg in der Mitte der Dekade ist sie in der zweiten Hälfte wieder gesunken. Blickt man etwas weiter zurück, ist jedoch die Zahl der Erwerbstätigen im PR-Bereich durchaus stark angestiegen, und auch das Verhältnis zu den Medienschaffenden hat sich entsprechend erhöht.

Allerdings kehrt sich in der längeren Frist auch das Narrativ des «Journalismus-Abbaus» ins Gegenteil. So ist die Zahl der Journalisten von 1990 bis 2010 kontinuierlich gestiegen. Dabei ist zu beachten, dass das BFS bei der Statistik ab 2010 auf eine Stichprobenerhebung umgestellt hat. Dennoch dürfte die Stichprobe mit 200’000 Personen durchaus repräsentativ sein. Zudem zeigte bereits der Trend bei den beiden Vollerhebungen 1990 und 2000 klar nach oben. Auf Grundlage der aggregierten Erwerbstätigendaten des BFS kann somit nicht von einem historischen Kahlschlag in der Medienbranche gesprochen werden.

Qualität schwer festzumachen

Idealerweise würde die quantitative Entwicklung der Beschäftigten im Journalismus mit einer Qualitäts-Dimension ergänzt werden. So könnten sich beispielsweise die Arbeitsbedingungen derart stark verschlechtert haben, dass der Zuwachs an Erwerbstätigen seit den 1990er Jahren konterkariert würde – also, dass insgesamt die journalistischen Produkte in der Schweiz schlechter geworden sind. Wie steht es somit um die Qualität im Journalismus?

Diese Frage ist nur schwer zu beantworten. Für die Schweiz gibt das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) seit 2010 jährlich ein «Jahrbuch Qualität der Medien» heraus. In dieser Publikation steht die qualitative Entwicklung des Journalismus im Fokus. Langfristige Vergleiche sind dabei schwierig, in der jüngsten Ausgabe werden aber die Veränderungen verschiedener Qualitätsdimensionen von 2015 bis 2020 aufgezeigt. Die Gesamtqualität ist demnach in den vergangenen sechs Jahren relativ stabil geblieben, doch folgen die Sub-Indikatoren teilweise unterschiedlichen Trends.

Laut Fög hat etwa in der Vielfalts-Dimension eine Verschlechterung stattgefunden. Diese Dimension misst, ob aus verschiedenen inhaltlichen und geografischen Blickwinkeln berichtet wird. Gleichzeitig gab es aber Qualitätssteigerungen in der Professionalitäts- und der Relevanz-Dimension. Unter Professionalität werden Eigenleistungen der Redaktion, die Quellentransparenz sowie die Sachlichkeit der Beiträge gewichtet, bei der Relevanz geht es unter anderem um das Verhältnis von «Softnews» gegenüber «Hardnews». Ob somit der Strukturwandel die Qualität insgesamt negativ oder positiv beeinflusst hat, ist nur schwer festzumachen.

Im nächsten und letzten Beitrag dieser Blog-Serie wird nun der Fokus weg von der Branche und hin zum Staat gelegt. Es soll dabei die Frage beantwortet werden: Wie hat sich die staatliche Förderung der Medien entwickelt?

In einer früheren Version stand im zweiten Abschnitt «Zudem basiert der Beitrag auf einer verzerrenden Datenauswahl.» Das kann falsch verstanden werden, weshalb der Satz nachträglich in «Zudem dürften viele den Titel falsch verstehen.» geändert wurde.