Zur Übersicht

Alterung

A A

Das 21. Jahrhundert steht im Zeichen der doppelten demografischen Alterung. Ihre Auswirkungen sind vielfältig und fordern Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermassen heraus.

Lukas Ruehli

Die demografische Alterung wird zuweilen etwas einseitig als eine Bedrohung unseres Wohlstands dargestellt. Dabei geht leicht vergessen, dass sie gleichermassen die Folge einer dramatischen Verbesserung der Lebensbedingungen ist. Historisch betrachtet gehen Wachstum und demografische Alterung Hand in Hand. Zwei Entwicklungen waren seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert prägend: Zuerst (und anhaltend) die sinkende Sterblichkeit infolge besserer Hygiene und Ernährung sowie markanter Fortschritte bei der medizinischen Versorgung, dann die sinkende Geburtenrate infolge steigenden Wohlstands, staatlicher Altersvorsorge, besserer Bildung, Verhütung sowie der Emanzipation der Frau.

Lebenserwartung rauf, Geburtenraten runter

1915, also vor 100 Jahren, betrug die Lebenserwartung bei der Geburt weltweit gerade einmal 34 Jahre1, 1965 lag sie bei 56 Jahren und bis heute (2015) ist sie auf über 71 Jahre gestiegen.2 Das bedeutet einen Anstieg um 37 Jahre innerhalb von 100 Jahren, oder plastischer ausgedrückt: Tag für Tag ist die Lebenserwartung um 8 Stunden und 53 Minuten gestiegen!

Ein (zuweilen heraufbeschwörtes) Ende ist nicht in Sicht: Bisher konzentrierte sich die medizinische Forschung auf Bemühungen, alle möglichen Krankheiten zu heilen (oder trotz ihnen so gut wie möglich zu leben), neu zeichnet sich langsam eine Ausdehnung des Fokus auf den Prozess der Alterung per se (die erst zu besagten Krankheiten führt) ab.3

Angesichts dieser Erfolge muss der deutliche Rückgang der Geburtenraten als Segen bezeichnet werden. Ohne ihn würde das Wachstum der Weltbevölkerung in naher Zukunft auf deutlich drastischere Weise, nämlich durch Ressourcenknappheit, Kriege und Hungersnöte «reguliert» werden. Allerdings führt der Geburtenrückgang unter die Reproduktionsrate von 2,1 Kindern pro Frau zu einer Situation, mit der die Menschheit insgesamt noch nie zurechtkommen musste: Neu ist jede nachfolgende Generation nicht mehr grösser, sondern kleiner als die vorhergehende. Darin liegt der viel entscheidendere Teil der demografischen Alterung als in der steigenden Lebenserwartung. Letztere hätte auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft viel geringere Auswirkungen, wenn die Lebensarbeitszeit proportional zur Lebenserwartung zunähme – was sie allerdings kaum irgendwo tut.

Schrumpfende Generationen

Der Tatbestand schrumpfender Generationen hingegen ist in jedem Fall mit Herausforderungen verbunden. Er wird deutliche, wenn auch noch kaum klar vorherzusehende Auswirkungen auf die ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen haben:

  • Mit der Pensionierung der Baby-Boomer geht eine Erosion der Wissensbasis einher. Sie dürfte den Fachkräftemangel (in der Schweiz) weiter verschärfen.
  • Der Bevölkerungsrückgang dürfte gemäss den gängigen ökonomischen Modellen zu sinkenden Kapitalrenditen führen.4
  • Das volkswirtschaftliche Potenzialwachstum dürfte sinken.
  • Offensichtlich sind die Auswirkungen auf die Systeme der Alterssicherung. Weder das Umlageverfahren noch das Kapitaldeckungsverfahren ist immun gegen die Folgen der demografischen Alterung. Die Gesundheits- und Pflegekosten werden ebenfalls zunehmen.
  • Die Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Innovationskraft und unternehmerisches Denken sind vermutlich negativ.
  • Auch stellt sich im Bereich der politischen Ökonomie die Frage nach der Reformbereitschaft einer überwiegend alten Wählerschaft.

Eine globale demografische Transformation

Obwohl der Anstieg der Lebenserwartung und der Rückgang der Geburtenraten altbekannte Phänomene sind, steht der grosse Umbruch bei der Altersstruktur erst noch bevor, wie die Grafik  eindrücklich zeigt. 1950 entfielen weltweit auf 2,54 Mrd. Menschen 129 Mio. Über-65-Jährige. Mittlerweile sind 608 Mio. Menschen über 65 Jahre alt, in 20 Jahren dürften es gemäss UNO-Prognosen erstmals mehr als eine Milliarde und in 50 Jahren sogar beinahe zwei Milliarden Menschen sein.5 Das bedeutet in vielen Erdteilen einen dramatischen Anstieg des Altersquotienten (Über-65-Jährige / 20-64-Jährige). Die stärkste Betroffenheit prognostiziert die UNO – hauptsächlich wegen mangelnder Zuwanderung – für Südeuropa, wo der Quotient bis 2050 auf 70% steigen dürfte. Mit fast gleich hohen Werten wird (etwas später) aufgrund der um Generationen nachhinkenden Auswirkungen seiner Einkindpolitik China konfrontiert sein. In der Schweiz zeichnet sich (trotz verjüngender Zuwanderung) ein ähnliches Muster ab wie im übrigen West- und Nordeuropa. Der schnellste Anstieg des Altersquotienten erfolgt hier zwischen 2020 und 2035.

Altersvorsorge

Wacklige Säulen der Altersvorsorge

Lukas Ruehli

1948, als die erste Säule der Altersvorsorge in Form der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) eingeführt wurde, entfielen auf einen Rentner 6,3 Personen im Erwerbsalter, 1995 waren es noch 4,2 und derzeit sind es noch gut 3,4. Der Rückgang ist vor allem mit dem Anstieg der Lebenserwartung zu erklären: 1950 hatte eine damals 65-jährige Person durchschnittlich noch 13,5 Jahre in Aussicht6, heute darf sie erfreulicherweise mit 23 zusätzlichen Lebensjahren rechnen. 2035 werden es sogar 25 sein.

Zwei zusätzliche Jahre innert zweier Dekaden – das scheint nicht enorm viel. Trotzdem wird die Quote «Erwerbstätige pro Rentner» dahin (bei unverändertem Rentenalter) schneller denn je auf 2,3 sinken. Dieser Rückgang liegt nicht in erster Linie am Anstieg der Lebenserwartung, sondern ist darauf zurückzuführen, dass in den kommenden 20 Jahren die geburtenstarken «Babyboomer» pensioniert werden und eine weniger grosse Generation in den Arbeitsmarkt nachrückt.

Besonders stark betroffene AHV

Die AHV basiert auf dem Umlageverfahren. Es werden also mit den Lohnabgaben der Erwerbstätigen von heute die laufenden Renten der Pensionierten von heute finanziert. Für die AHV-Rechnung ist deshalb nicht nur die Lebenserwartung – oder exakter: die Rentenbezugsdauer – relevant, sondern die Grösse der Kohorten. Neben dem Anstieg der Lebenserwartung schlägt darum auch der Rückgang der Geburtenrate – mit einiger zeitlicher Verzögerung – voll auf die 1. Säule durch. Entschärft wurde diese Entwicklung im letzten Jahrzehnt nur durch die Zuwanderung Hochqualifizierter. Trotzdem war 2014 schon ein erstes, demografiebedingtes Defizit von 322 Mio. Fr. zu vermelden.

Unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen (also ohne die derzeit in den Räten diskutierte Rentenreform) dürften die Rentenzahlungen die Einnahmen (ohne Anlageertrag) bereits 2025 um 5,5 Mrd. Fr. überschreiten, und 2035 sogar um beinahe 14 Mrd. Fr. Bis dann würde die AHV statt den gesetzlich vorgesehenen Reserven (100% der Jahresausgaben von dannzumal 73 Mrd. Fr.) Schulden in (zufälligerweise genau gleicher) Höhe von 73 Mrd. Fr. angehäuft haben.7

Die Menschen werden nicht nur immer älter, sie bleiben auch immer länger fit. Es wäre deshalb naheliegend, das gesetzliche Rentenalter – oder besser: die Lebensarbeitszeit – ab sofort an die Entwicklung der Lebenserwartung im Alter von 65 anzubinden.8 Ein Anstieg der Lebenserwartung um 1,5 Monate vom einen auf das nächste Jahr hätte demnach eine Anhebung des Rentenalters um ebendiese 1,5 Monate zur Folge. Mit einer solch fliessenden Erhöhung des Rentenalters würde eine Mehrwertsteuererhöhung von 0,6 Prozentpunkten genügen, um die AHV dauerhaft im finanziellen Gleichgewicht zu halten.

2. Säule im schwierigen Niedrigzinsumfeld

Die berufliche Vorsorge erfolgt im Kapitaldeckungsverfahren: Jeder Arbeitnehmer spart sein eigenes Alterskapital an, das ihm verzinst und ab seiner Pensionierung wieder ausbezahlt wird. Volkswirtschaftlich spielt die Grösse der Kohorten zwar auch hier eine Rolle, buchhalterisch aber nicht. Neben der (bei konstantem Rentenalter) steigenden Rentenbezugsdauer ist vor allem das auf absehbare Zeit niedrig bleibende Zinsniveau ein zusätzliches Problem. Beim aktuellen Umwandlungssatz von 6,8% wird den heutigen Rentnern deutlich mehr ausbezahlt, als ihnen mathematisch gesehen zustände. Gegenüber einem Satz von 5,4%, der bei einer mittleren Rentenbezugsdauer von 23 Jahren und dem aktuellen technischen Referenzzinssatz von 2,75% «korrekt» wäre, wird so jeder Neurentner mit 70‘000 Fr. von den Erwerbstätigen subventioniert. Jährlich fallen so schon heute Transfers von Jung zu Alt im Umfang von 3,15 Mrd. Fr. an. Das widerspricht dem Konzept des Kapitaldeckungsverfahrens.

Alterspflege

Mehr Hochbetagte, mehr Pflegebedarf

Dominik Hauri

Über Gesundheit und Krankheit im Alter entscheiden unzählige Faktoren. Die individuellen Alterungsprozesse verlaufen sehr unterschiedlich. Statistisch betrachtet steigt aber das Risiko, pflegebedürftig zu werden, ab dem 80. Lebensjahr erheblich. In der Altersgruppe der über 90-Jährigen nimmt heute mehr als die Hälfte Pflegedienste in Anspruch, sei es im Rahmen eines Heimaufenthaltes oder durch die Spitex.

Die Zahl der Hochbetagten wird sich in der Schweiz in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen: Zum einen nimmt die Lebenserwartung weiter zu und zum anderen werden die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge ins hohe Alter vorrücken. Waren 1995 in der Schweiz 38‘000 Menschen 90-jährig oder älter, so sind es heute fast doppelt so viele. Im Jahr 2035 wird diese Altersgruppe gemäss den Prognosen des Bundesamtes für Statistik 188‘000 Menschen umfassen, weitere 15 Jahre später dann sogar über 320‘000. Bereits in den letzten beiden Jahrzehnten sind die Kosten der Langzeitpflege deutlich gestiegen, gemäss offizieller Statistik von 4,9 Mrd. Fr. im Jahr 1995 auf 10,9 Mrd. Fr. im Jahr 2012. Etwa vier Fünftel dieser Kosten entfallen auf stationäre Einrichtungen, der Rest entfällt auf die Spitex. Hinzu kommen nicht zu unterschätzende private Pflegeaufwendungen (basierend auf meist unbezahlter Freiwilligenarbeit), die in den offiziellen Statistiken nicht erfasst sind.

Unausweichlicher Kostenanstieg

Angesichts der demografischen Entwicklung steht ausser Frage, dass die Pflegekosten in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen werden. Die Dynamik dieser Entwicklung wird massgeblich davon abhängen, wie sich die Inanspruchnahme von Pflegleistungen nach Alterskohorten verändern wird. Es hilft selbstverständlich, wenn wir nicht nur immer älter werden, sondern auch immer länger unabhängig und gesund bleiben. Geht man davon aus, dass die Hälfte der durch die Zunahme der Lebenserwartung gewonnenen Lebenszeit mit guter Gesundheit einhergeht, ist gemäss Berechnungen der Eidgenössischen Finanzverwaltung immer noch bis 2035 mit einem Anstieg der Pflegekosten von heute 1,7% auf 2,9% des BIP zu rechnen, was einer Zunahme von 70% gleichkommt.

Noch immer die gleichen Systemfehler

Gesetzgebung und Vollzug der Alterspflege obliegen zu weiten Teilen den Kantonen. Auf Bundesebene fand – ausgehend von der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) im Jahr 1996 – ein jahrelanges Ringen um die Aufteilung der Pflegekosten zwischen privaten Haushalten, Kantonen und Krankenkassen statt, das erst mit der 2011 in Kraft getretenen Neuregelung der Pflegefinanzierung beigelegt wurde.

Fit für die bevorstehende demografische Herausforderung ist die Schweiz damit keineswegs. Der grosse Systemfehler liegt – weiterhin – darin, dass die Pflegefinanzierung das individuelle Sparen für die Alterspflege bestraft und den Vermögensverzehr vor Eintreten der Pflegebedürftigkeit belohnt. Nur wer beim Pflegeheimeintritt noch Vermögen besitzt, muss für seinen Aufenthalt selber bezahlen; alle anderen werden von der Allgemeinheit über die Ergänzungsleistungen finanziert. Angesichts dieses Fehlanreizes überrascht es nicht, dass die Finanzierung der Alterspflege bereits heute stark auf den Schultern jüngerer Generationen lastet: Etwa 60% der Kosten der Alterspflege werden von der öffentlichen Hand und den Krankenkassen finanziert. Entsprechend hoch ist die intergenerationelle Umverteilung von den Erwerbstätigen hin zu den Altersrentnern.

Die alternde Schweiz kann sich diese Generationenungerechtigkeit nicht auf Dauer leisten. Die Schaffung einer engeren intragenerationellen Kongruenz zwischen Leistung und Finanzierung ist dringend angezeigt.

Démocratie

Sur la voie de la gérontocratie?

Lukas Ruehli

Der Medianwähler ist jener Wähler, dessen Präferenzen in einem eindimensionalen Spektrum (z.B. rechts/links) die Präferenzen der gesamten Wählerschaft in zwei gleich grosse Hälften teilen. Das Ergebnis einer Mehrheitsabstimmung wird gemäss diesen Präferenzen ausfallen – und zwar unabhängig davon, wie stark die Präferenzen auf beiden Seiten des Spektrums ausgeprägt sind.

Diese politökonomische Konstellation sollte man bei staatsrechtlichen Weichenstellungen im Auge behalten, vor allem, wenn sie verteilungsrelevante Aspekte betreffen. Übersteigt die Zahl der Transferempfänger in einem Staat die Zahl der Lohnsteuerzahler, was in Deutschland der Fall sein soll (Siebert 2007), ist der Medianwähler Transferempfänger. Dann dürfte eine weitere Verschlechterung des steuerlichen Umfelds auf demokratischen Weg kaum zu bremsen sein.

60-jähriger Medianwähler

Besonders schwer müsste dieses Problem in der Schweiz mit ihren wichtigen direktdemokratischen Elementen wiegen. Glücklicherweise zeichnen sich die Schweizer Stimmbürger aber immer wieder durch eine hohe Reflektionsfähigkeit aus. So wurde im Sommer 2015 gegen die Einführung einer landesweiten Erbschaftssteuer gestimmt, obwohl nachweislich nur wenige Prozent der Bevölkerung direkt von dieser Massnahme betroffen gewesen wären und der Rest vordergründig von den etwas volleren Staatskassen hätte profitieren können. Solche Ergebnisse widerlegen allerdings nicht das Medianwählertheorem, sondern lediglich die Annahme einer strikten Eigennutzenoptimierung naiver, kurzsichtiger Bürger. Anders erwies sich das Abstimmungsergebnis im Fall der Zweitwohnungsinitiative, wo eine Mehrheit kaum betroffener Unterländer eine Minderheit stark betroffener Einwohner der Bergkantone überstimmte.

Vor allem beim Thema Altersvorsorge sind altersabhängige Präferenzen naheliegend. Das Medianalter der Abstimmenden spielt also hier eine Rolle. Dieses liegt deutlich über dem Durchschnittsalter der Bevölkerung, denn erstens darf erst ab 18 abgestimmt werden, zweitens sind nur Schweizer (im Schnitt deutlich älter als die zugezogenen Ausländer) stimmberechtigt, und drittens steigt die Stimmbeteiligung bis in ein sehr hohes Alter: Derzeit erreicht sie ihr Maximum bei den 70-Jährigen. Das Medianalter der Abstimmenden lag 2015 bereits bei 56 Jahren, bis 2035 dürfte es auf deutlich über 60 Jahre klettern.9

Grosse Bedeutung politischer Bildung

Ganz direkt haben die Älteren natürlich einen Anreiz, Rentensenkungen zu verhindern. Nur schon darum verlegen die meisten Rentenreformprogramme die Anpassungen um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in die Zukunft, damit die Jahrgänge kurz vor und in Pensionierung keine Einbussen fürchten müssen. Doch das Problem ist allgemeinerer Natur: Wohlstand muss erarbeitet werden. Dementsprechend wichtig sind gute Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigen. Die Abstimmungsresultate ergeben sich aber aus den Präferenzen des Medianabstimmenden – und dieser hat nur noch wenige Berufsjahre und mehr als zwanzig Jahre Rente vor sich. Das kann, wenn man der politökonomischen Theorie glaubt, nur zu suboptimalen Ergebnissen führen.

In der Realität ist das Verdikt nicht ganz so klar, denn die Präferenzen der Stimmbürger hängen von ganz vielen anderen Faktoren neben dem Alter ab. Festzuhalten ist aber: Die Bevölkerungspyramide dreht sich um. Bei einer Geburtenziffer von 1,5 Kindern pro Frau wird jede jüngere stimmberechtigte Generation kleiner sein als ihre Vorgängergeneration, die kurz vor der Pensionierung steht. Unter solchen Vorzeichen wurde die direkte Demokratie noch nie ausprobiert. Umso wichtiger ist in Zukunft eine politische Bildung, die die Jungen für die Wichtigkeit politischer Entscheidungen sensibilisiert und zur Partizipation ermuntert.

Liberale Lösungen

1) Das Rentenalter ist vollständig zu flexibilisieren. Als Referenz für die Höhe der AHV-Rente soll nicht mehr das Pensionsalter dienen, sondern die Zahl der Beitragsjahre. Wer früher AHV einzahlt, kann die gleiche Rente früher beziehen, wer länger arbeitet, erhält eine höhere Rente.

2) Für die AHV ist eine Schuldenbremse vorzusehen. Sobald das Umlageergebnis wiederholt negativ ist, soll die Referenzzahl der Beitragsjahre parallel zur Lebenserwartung erhöht werden. Damit wird verhindert, dass die mittlere Rentenbezugsdauer kontinuierlich steigt.

3) Der BVG-Umwandlungssatz soll entpolitisiert werden. Es ist eine automatische Anbindung an die Faktoren Rentenbezugsdauer und Kapitalrendite anzustreben.

4) Die BVG-Beiträge sollen altersneutral ausgestaltet werden. Dass würde die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer fördern.

5) Ein individuelles Pflegekapital soll eingeführt werden, denn die heutige Finanzierung der Alterspflege  und –betreuung erfolgt zunehmend über allgemeine Steuergelder. Das bestraft jene Personen, die selber genug Kapital ansparen.

6) Junge Menschen sollen über eine stärkere politische Bildung schon früh für die Wichtigkeit politischer Entscheidungen und Partizipation sensibilisiert werden.

7) Interessant, aber sicher nicht unumstritten wäre die Einführung eines Kinderstimmrechts: Kinder hätten ab Geburt ein Stimmrecht, das aber bis zur Volljährigkeit ihre Erziehungsberechtigten für sie ausüben. Es ist anzunehmen, dass Eltern die fernere Zukunft stärker gewichten als Personen ohne Kinder. Zudem ist das Medianalter von Eltern mit Kindern zwischen 0-18 Jahren etwas niedriger als das Medianalter der Stimmberechtigten.

Endnoten

1 http://ourworldindata.org/data/population-growth-vital-statistics/life-expectancy/2
2 UN Data
3 siehe z.B. NZZ Folio 2015/8: Ewig leben!
4 Eine kurze Diskussion hierzu siehe z.B. Spahn (2007) oder Börsch-Supan et al. (2003)
5 UN World Population Prospects
6 Bezogen auf die Kohorte, also auf 1885 Geborene. Berechnung auf Basis der Periodensterbetafel des BFS, Mittelwert von Frauen und Männern
7 Diese Zahlen basieren auf Berechnungen von Avenir Suisse. Annahmen: Jährliches Reallohnwachstum innerhalb der Branchen 0,7%; Lohnwachstum durch Strukturveränderungen: 0,3%; Inflationsrate: 1%, reale Anlagerendite 2%. Bevölkerungsprognose: Referenzszenario des BfS von 2015 (A-00-2015). Ein Tool zur Darstellung der Finanzaussichten der AHV mit freier Wahl von politischen und volkswirtschaftlichen Einflussgrössen ist unter www.avenir-suisse.ch/53098 verfügbar.
8 Das hätte eigentlich schon vor 10 Jahren getan werden müssen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 «AHV»-Prozent und die ersten Defizite 2014 und voraussichtlich 2015 hätten damit vermieden werden können. Das reguläre Rentenalter für Männer läge 2016 so bei 66,3 Jahren. Insofern ist die sofortige Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung eine Minimalforderung.
9 Einen deutlichen Beitrag dazu liefern auch die Frauen, deren Stimmbeteiligung derzeit ab einem Alter von 65 Jahren gegenüber jener der Männer deutlich zurückfällt. Das ist auf die späte Einführung des Frauenstimmrechts 1971 zurückzuführen. Es ist sehr augenfällig, dass Frauen, die nicht schon bei Erreichen ihrer Volljährigkeit stimmberechtigt waren (also älter als Jahrgang 1951 sind), auch 45 Jahre nach Einführung dieses Rechts von ihm deutlich weniger Gebrauch machen. Diese Generation wird aber in den nächsten Jahrzehnten von einer von Anfang an stimmberechtigten abgelöst, was das Medianalter der abstimmenden Frauen überproportional steigen lassen wird.
10 – BFS (2016): ESPOP, STATPOP, SZENARIO
– Kt. Genf (2016): Statistiques cantonales: www.ge.ch/statistique/domaines/17/17_03/tableaux.asp
– Kt. Neuenburg (2016): Chancellerie d’état: www.ne.ch/autorites/CHAN/elections-votations/stat/Pages/accueil.aspx
– Stadt Luzern (2016): www.stadtluzern.ch/de/onlinemain/dienstleistungen/welcome.php?dienst_id=17592
– Stadt St. Gallen (2016): www.stadt.sg.ch/home/verwaltung-politik/stadt-zahlen/themen/pol/abst/detail/details1.html
11-Kt. Genf (2016): Statistiques cantonales: www.ge.ch/statistique/domaines/17/17_03/tableaux.asp#5
– Kt. Neuenburg (2016): Chancellerie d’état: www.ne.ch/autorites/CHAN/elections-votations/stat/Pages/accueil.aspx
– Stadt Luzern (2016): www.stadtluzern.ch/de/onlinemain/dienstleistungen/welcome.php?dienst_id=17592
– Stadt St. Gallen (2016): www.stadt.sg.ch/home/verwaltung-politik/stadt-zahlen/themen/pol/abst/detail/details1.html
– Stadt Zürich (2016): www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/statistik/publikationen-angebote/publikationen/webartikel/2015-10-27_Eidgenoessische-Wahlen-2015_Profil-der-Waehlerinnen-und-Waehler.html; https://data.stadt-zuerich.ch/dataset/politik-nationalratswahlen-wahlbeteiligung-alter-geschlecht
12 Basierend auf den sechs nationalen Volksabstimmungen der Jahre 2014 und 2015 in den Kantonen GE und NE sowie den Städten Luzern und St. Gallen. In diesen Gebietskörperschaften ist aufgrund der Registrierung des Geburtsdatums eine Erfassung der Stimmbeteiligung nach Alter möglich.
13 Basierend auf den National- und Ständeratswahlen vom 18.10.2015 in den Kantonen GE und NE sowie den Städten Luzern, St. Gallen und Zürich. In diesen Gebietskörperschaften ist aufgrund der Registrierung des Geburtsdatums eine Erfassung der Stimmbeteiligung nach Alter möglich.
14 Für die Prognose des Medianalters der Abstimmenden wurde eine unveränderte Stimmbeteiligung je Altersjahr angenommen. Bei den Frauen ab 65 wurde der in Endnote 9) beschriebene Effekt herausgerechnet.
15 BfS (2016): ESPOP, STATPOP, SZENARIO

Literatur

Börsch-Supan, Axel; Heiss, Florian; Ludwig, Alexander; Winter, Joachim (2003): Pension Reform, Capital Markets, and the Rate of Return. German Economic Review, Vol. 4, Issue 2, May 2003: 151-181.

EFV (2012): Ausgabenprojektionen für das Gesundheitswesen bis 2060. Working Paper der EFV Nr. 19.

OBSAN (2013): Multimorbidität bei Personen ab 50 Jahren – Ergebnisse der Befragung SHARE (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe). Obsan Bulletin 4/2013.

Siebert, Horst (2007): Der absicherungsfixierte Medianwähler. In: Handelsblatt 3.4.2007. www.ifw-kiel.de/das-ifw/organisation/siebert/siebert-pdf/hb_04_07.pdf

Spahn, Heinz-Peter (2007): Vermögenspreise, Alterung und Ersparnis . Gibt es einen demografisch bedingten «Asste Meltdown»? Universität Hohenheim.

 

 

https://www.avenir-suisse.ch/1995-2035/alterung