Liquidität für die Realwirtschaft und Kurzarbeitsentschädigungen gehören zu den griffigsten Massnahmen, um die Covid-19-Pandemie zu bewältigen. «Bundesbern» schnürte ein in der Schweizer Politgeschichte einmaliges Unterstützungspaket, um die wirtschaftlichen Folgen zu mildern: Rasch wurden Kreditbürgschaften von über 40 Milliarden Franken sowie 25 Milliarden zur Finanzierung von Kurzarbeit und Erwerbsersatz bereitgestellt. Dennoch: Die Wirtschaftsaussichten sind düster, erwartet wird ein deutlicher Rückgang des BIP um über 5 Prozent für 2020 und ein markanter Anstieg der Arbeitslosigkeit im laufenden wie auch im nächsten Jahr.

Um die unzähligen Betriebe und Arbeitsplätze im Lande zu sichern, wäre in den weiteren Phasen der Pandemiebewältigung ein marktwirtschaftliches Reformprogramm vordringlich. Grundlage dazu wären bewährte Erfolgsrezepte der Schweizer Wirtschaftspolitik wie eine konsequente Wettbewerbsorientierung, Weltoffenheit mit wirtschaftlicher Einbindung in internationale Märkte, massvolle Regulierungen und kein weiterer Ausbau des Sozialstaats. Nur: die Vorzeichen in den Messehallen der Bernexpo sehen anders aus.

Auf die Vorlage zur Abschaffung der Industriezölle sind die Eidgenössischen Räte in der Sommersession gar nicht erst eingetreten. Ein Wachstumsbeitrag zum BIP von 860 Millionen Franken wurde damit leichtfertig vergeben, der administrative Aufwand und die hohen Kosten bleiben bestehen. Die Anliegen der von der Pandemie schwer gebeutelten Maschinenindustrie mit ihren über 300’000 Arbeitsplätzen lässt man aussen vor. Und im Sozialbereich soll für jährlich 230 Millionen Franken eine Überbrückungsrente eingeführt werden, auch wenn ihre Finanzierung in der Rezession eine weitere zusätzliche Belastung für den Bundeshaushalt darstellt.

Ein Airbus der Swiss auf dem Flughafen Zürich. (Wikimedia Commons)

Zugleich verwickelt sich das politische Bern in Widersprüche und begeht ordnungspolitische Sündenfälle. In der Sondersession bewilligte das Parlament 1,275 Milliarden zur Sicherung von Darlehen an die Airlines Swiss und Edelweiss, damit die Flugzeuge wieder vom Boden abheben. Einen Monat später beschliesst das gleiche Parlament eine individuelle Flugticketabgabe, um möglichst viele Personen von Flugreisen abzuhalten.

Die bis 500’000 Franken zinslosen Kredite wurden auch bereitgestellt, um Liquiditätsengpässe von Unternehmen wie etwa für Mietzahlungen zu überbrücken. Doch neu sollen Betriebe, die infolge der Pandemie auf behördliche Anordnung schliessen mussten, einen Mietzinserlass von 60 Prozent erhalten. Rückwirkend erfolgt ein staatlicher Eingriff in privatrechtliche Verhältnisse.

Ordnungspolitische Sündenfälle machen auch vor dem Bundesratszimmer nicht halt. Anstelle einer Vollprivatisierung soll die Postfinance teilprivatisiert und das Hypothekar- und Kreditverbot abgeschafft werden. Faktisch wird damit zusätzlich zu den 24 bestehenden Kantonalbanken eine weitere Staatsbank geschaffen, obwohl dafür kein Bedarf besteht.

Das süsse Gift des neuen Etatismus breitet sich immer mehr aus. Die Kosten tragen letztlich die Steuerzahlenden, also wir, die Bevölkerung.

Dieser Beitrag ist am 18. Juni 2020 in der «Handelszeitung» erschienen.