Städtische Ausgaben für Kultur sind träge. Vor allem die grossen Häuser werden unterstützt, also solche, die sich schon über Jahre und Jahrzehnte hinweg etablieren konnten. Dieses Vorgehen ist aus Sicht der Stadtpolitik einerseits nachvollziehbar, denn es erlaubt die Aufrechterhaltung von Leuchtturminstitutionen, die weit über die Stadtgrenzen hinaus als Attraktion wahrgenommen werden.
Anderseits leidet aber unter dieser Vormachtstellung naturgemäss der informellere Kultursektor, wenn eben die genannte Ausstrahlungskraft nicht nur die Aufmerksamkeit der Kulturkonsumenten, sondern auch die öffentlichen Gelder bündelt. Bestehende Institutionen geniessen eine Art Bestandsschutz, und es bleibt wenig Spielraum für die Förderung innovativer Projekte ausserhalb bestehender Institutionen.
Gerade im Bereich der subventionierten Kultur, wo nicht Marktsignale über das Angebot entscheiden können, gälte es aber sicherzustellen, dass der Wettbewerb auf der institutionellen Ebene der Ideen gefördert wird. Ausserdem ist die Offenheit für Neues, Nichtetabliertes (und vielleicht deshalb auch noch nicht Marktfähiges), ja vielleicht Provozierendes, ein spezifisches Merkmal urbaner und smarter Kulturpolitik.
Das Städtemonitoring
Der Indikator evaluiert, welcher Anteil der städtischen Kulturausgaben für die Förderung der freien Szene verwendet wird. Die Werte wurden Anfang 2018 in einem Fragebogen zuhanden der städtischen Verwaltungen erhoben. In der Bewertung fehlt die Stadt Lugano, die keine Angaben machen konnte.
Ranking
für freie Kulturträger, in % |
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k.A. = keine Angaben | |||
Quelle: Eigene Darstellung |
Ergebnisse
Die Rückmeldungen der Städte zur Aufteilung ihrer Kulturbudgets bestätigen prinzipiell die vermutete Trägheit in der öffentlichen Kulturförderung – die diesbezügliche Varianz ist nicht allzu gross. In allen Städten fliesst der weitaus grösste Teil (zwischen 86% und 94%) der Kultursubventionen an etablierte Kulturhäuser. In Basel, Biel, Lausanne und St. Gallen stehen damit weniger als 10% des Budgets für die freie Förderung zur Verfügung.
In Genf, Winterthur und Zürich sind es 10%, die in die «Vielfalt» fliessen. Immerhin 14% des Kulturbudgets setzt die Stadt Bern für die freie Kulturförderung ein. Die Bandbreite von 86% bis 94% mag bezogen auf die etablierten Kulturhäuser klein erscheinen – für die freien Kulturschaffenden macht es hingegen einen grossen Unterschied, ob die Stadt 6% (Biel) oder 14% – also beinahe das Zweieinhalbfache – des Kulturförderbudgets an sie ausschüttet.
Gesamthaft glänzen die Städte nicht mit einer mutigen Kulturförderung. Ob mit dieser Strategie in Zeiten immer stärker nachfragebetriebenen Kulturkonsums und einer Community, die sich im starren Raster der grossen Häuser nicht heimisch fühlt, der richtige Weg eingeschlagen ist, scheint fraglich (auch wenn selbstredend kein optimaler Wert für die Unterstützung der freien Kulturträger definiert werden kann). Die aktuelle Förderungspolitik ist daher zu hinterfragen, auch wenn aller Voraussicht nach mit Opposition seitens der institutionalisierten Kulturbetriebe zu rechnen ist.
Weiterführende Informationen vgl. «20 Jahre Schweizer Stadtpolitik».