In der laufenden Session forderten National- und der Ständerat mehr Transparenz in der Politikfinanzierung. In der gleichen Woche kündigte der Bundesrat an, die Regulierungen für systemrelevante Banken weiter zu verschärfen. Gerade private Unternehmen haben eine umfassende Berichterstattungspflicht und ihre Rechnungslegung strenge gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Der Trend ist offenkundig: Neben den Unternehmen sind neu die politischen Parteien verpflichtet, Rechenschaft über ihre Finanzflüsse abzulegen. Auch Bund, Kantone und Gemeinden informieren in den Jahresrechnungen detailliert über die Einnahmen und Ausgaben. Selbst ein Verein wie die Blasmusikgesellschaft oder der Landfrauenverband legen ihre Jahresrechnungen offen.

Eine erstaunliche Intransparenz über das eigene Finanzgebaren herrscht dagegen bei den Schweizer Gewerkschaften. Eine öffentlich zugängliche Jahresrechnung findet sich auf der Website des Dachverbandes SGB nicht. Der Jahresbericht von Travail Suisse ist zwar reich bebildert, gibt aber über die Finanzströme keinerlei Auskunft. Und die sich immer radikaler gebärdende gewerkschaftliche Kampftruppe Unia informiert zwar darüber, dass die «Gewerkschaftseinnahmen» im Jahr 2019 satte 143 Millionen Franken umfassten, doch man wird darüber im Dunkeln gelassen, wie sich die Einnahmepositionen zusammensetzen. Wenigstens gibt die Unia darüber Auskunft, dass der überwiegende Anteil ihrer Einnahmen für die über 1200 Gewerkschaftsfunktionäre aufgewendet wird, demgegenüber Leistungen für ihre eigenen Gewerkschaftsmitglieder mit gerade 6 Prozent zu Buche schlagen. Es verstärkt sich der Eindruck, dass der kommunale Kaninchenzüchterverein hierzulande mehr Offenheit über sein Finanzgebaren an den Tag legt als die grossen Arbeitnehmerorganisationen.

Wer finanziert die Gewerkschaften? (Shivendu Shukla Unsplash)

Woraus sich die Einnahmen der Gewerkschaften speisen, kann nur gemutmasst werden. Die vom Bundesrat und vorab von der Justizministerin gepriesene Sozialpartnerschaft hat zwar massgebenden Anteil an der Irrfahrt hinein in die europapolitische Sackgasse. Wie diese «Partnerschaft» aber alimentiert wird, darüber erhält der Stimmbürger keine Auskunft. Der neueste Seco-Bericht zur Umsetzung der flankierenden Massnahmen legt zwar Zeugnis von den ausufernden bürokratischen Aktivitäten der Sozialpartner ab, um den Lohnwettbewerb zu verhindern. Nur kurz informiert das Wirtschaftsdepartement darüber, welches zweistellige Millionenentgelt dafür der Bund an die Sozialpartner ausrichtet.

Keine Zahlen werden genannt, mit wie vielen Millionen Franken die Kontrollaktivitäten der Sozialpartner in den Betrieben durch die Kantone abgegolten werden. Jüngst hat ein Gerichtsurteil in Baselbiet stark überhöhte Pauschalentschädigungen für Baustellenkontrollen festgestellt, zu berappen durch die Steuerzahlenden. Um die gewerkschaftliche Fundamentalopposition in der Europapolitik, aber auch gegen jede Arbeitsmarktliberalisierung zu verstehen, braucht es eine Offenlegung der Gewerkschaftsbilanzen. Das ist der direkten Demokratie geschuldet, vor allem wenn die Arbeitnehmer-Organisationen auch mit öffentlichen Geldern alimentiert sind.

Dieser Beitrag ist am 10. Juni 2021 in der «Handelszeitung» erschienen.