In einer Sondersession ab dem 2. Mai berät der Nationalrat eine Erneuerung des Impulsprogramms für familienergänzende Kinderbetreuung. Es ist ein hehres Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Das gewählte Instrument der Anschubfinanzierung aber ist das falsche. Das Engagement des Bundes steht grundsätzlichen föderalen Prinzipien zuwider.

Unbefristet befristet?

2003 trat das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung in Kraft. Ursprünglich auf acht Jahre begrenzt, wurde es 2010 und 2014 um jeweils vier Jahre und 120 Mio. Fr. erweitert (Die Abbildung am Ende des Textes zeigt eine Übersicht zu den bisherigen Ausgaben). Aktuell wird diskutiert, ob weitere 100 Mio. Fr., verteilt auf fünf Jahre, zur Verfügung gestellt werden sollen. Damit droht nicht nur eine ursprünglich als befristet geplante Massnahme, sondern auch die Verletzung föderalen Prinzipien zu einem Dauerzustand zu werden.

Der Bund argumentiert, sein Zutun entspräche sehr wohl den beiden Prinzipien: Die grosse Nachfrage übersteige teilweise die Kraft der Kantone, und der Nutzen des Impulsprogrammes käme der ganzen Volkswirtschaft zugute. Diese Argumentation ist nicht stichhaltig:

  • Das Argument, die Nachfrage übersteige die Kraft der Kantone, ist zu hinterfragen: Die Kantone unterliegen nicht einer gegebenen Budgetrestriktion, sondern können das Ausgabenvolumen gestalten. Wenn der Einfluss der aussenfamiliären Kinderbetreuung auf die Erwerbsbeteiligung so klar wäre, wie vom Bund (Bundesrat 2014: 31) angenommen, müsste sich die Investition auch für die Kantone lohnen. Eine Zentralisierung drängte sich gemäss dem Kriterium der Subsidiarität nur auf, wenn der Bund diese Leistung aufgrund seiner Grösse günstiger zur Verfügung stellen könnte als die Kantone oder wenn gar Mindestgrössen bei der Bereitstellung dieses Gutes existierten. Da hier von blossen finanziellen Transfers die Rede ist, trifft beides nicht zu. Die – spätestens sobald sich eine Ausschöpfung der Gelder abzeichnet – regionalpolitisch orientierte Subventionierung des Bundes ist im Gegenteil sogar ineffizient, denn die unterschiedlichen regionalen Präferenzen werden dabei nicht mehr berücksichtigt.
  • Die Krippensubventionierung weist keine systematischen interkantonalen Spillovers auf. Finanzierbare Kinderbetreuung erhöht die Vereinbarkeit von Beruf von Familie im Kanton, der diese Betreuung subventioniert, nicht im Nachbarkanton. Eine solche Massnahme, sollte sie im jeweiligen Kanton X den volkswirtschaftlichen Zusatznutzen ∆Y generieren, wird auch schweizweit den Zusatznutzen ∆Y generieren. Das hat nichts mit Spillovers zu tun. Argumentiert man so, müsste der Bund alle standortverbessernden Massnahmen der Kantone subventionieren.

Vereinbarkeit fördern, aber richtig

Angesichts des Fachkräftemangels und der Bedeutung von durchgehender beruflicher Tätigkeit für die Gleichstellung ist die staatliche Unterstützung von Kinderbetreuungsangeboten grundsätzlich sinnvoll. Der Honigtopf des Bundes ist aber nicht das geeignete Instrument dazu. Damit würde in eine Kompetenz eingegriffen, die richtigerweise den Kantonen und Gemeinden obliegt. Die Anschubfinanzierung ist vielmehr das Instrument, dass der Bund wählt, wenn er eigentlich keine Kompetenzen hätte. Die Kantone täten gut daran, dem Lockmittel der Bundesgelder hier zu widerstehen und auf ihren Kompetenzen zu beharren.

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