Eine gesunde und ausgewogene Ernährung senkt das Risiko, an nicht übertragbaren Krankheiten zu erkranken. Während wir der Ansicht sind, dass der Privatsektor aufgrund seiner Kenntnis der Konsumentenpräferenzen besser in der Lage ist, den Zucker-, Salz- oder Fettgehalt in Lebensmitteln zu senken (vgl. Teil 2 dieser Serie), sehen andere, eher interventionistische Stimmen die Verantwortung des Staates darin, den Konsum ungesunder Produkte zu regulieren.

In diesem Zusammenhang wird häufig die Einführung einer Lebensmittelsteuer befürwortet. Auch wenn sie sich auf dem Konsum auswirken können, schwächen die Substitutionseffekte durch vergleichbare, nicht besteuerte Produkte deren Wirksamkeit. Solche Effekte wurden bei Süssgetränken mit Fruchtsäften oder Milkshakes beobachtet. Darüber hinaus sind sie nicht zielgerichtet, da sie alle Konsumenten betreffen – auch jene, die moderat konsumieren. Ausserdem haben Lebensmittelsteuern einen regressiven Charakter, weil ärmere Haushalte einen grösseren Teil ihres Einkommen für den Konsum aufwenden müssen. Schliesslich fördern Lenkungssteuern den Einkaufstourismus.

Abgesehen von diesen sozioökonomischen Nachteilen werden die nicht unerheblichen bürokratischen Hürden solcher staatlichen Massnahmen unterschätzt. Die unvermeidlichen Konflikte und Reibungen sowohl in der parlamentarischen Arena als auch innerhalb der Verwaltung erschweren die Umsetzung einheitlicher und flächendeckender Massnahmen.

Sollen Lebensmittel wie Schokolade, die bei übermässigem Genuss gesundheitsgefährdend sein können, mit einer Lenkungssteuer belegt werden? Und wie steht es mit Fondue und Bündnerfleisch? (Tetiana Bykovets, Unsplash)

Was wäre, wenn die Schweiz «ungesunde» Produkte verteuern würde?

Um die bürokratische Komplexität des Regulierungsprozesses zu illustrieren, widmen wir uns einem Gedankenexperiment:

Sonntag, 2. März 2025. Nach einer hochemotionalen Kampagne nimmt das Schweizer Volk die eidgenössische Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne chronische Krankheiten – Ja zur Verteuerung aller ungesunden Produkte» mit 50,3% knapp an. Das Parlament muss nun das Ausführungsgesetz ausarbeiten.

Die erste legislative Hürde für das Parlament besteht darin, die von der Preiserhöhung betroffenen Produkte zu definieren. Was zeichnet ein ungesundes Produkt aus? Wie kann es nach objektiven und eindeutigen Kriterien definiert werden?

Die Vertreter der Lebensmittelindustrie sprechen nicht mit einer Stimme: Einige, etwa die Industrie für Süssgetränke, wollen eine Steuer, die möglichst viele Akteure betrifft (z.B. eine Steuer auf Rohzucker), um unlauteren Wettbewerb zu vermeiden. Andere wie die Schokoladefabrikanten möchten, dass Zucker, der in «offensichtlich» ungesunden Produkten wie Madeleines oder Schokolade enthalten ist, von der Steuer befreit wird. Während manche Produzenten um Ausnahmeregelungen ringen, weisen Präventionsapostel auf immer mehr potenziell ungesunde Produkte und Inhaltsstoffe hin. Warum nicht auch Salz oder Fett besteuern? Jede Woche erhalten die Politiker Vorschläge für zusätzliche Produkte, die in die Vorlage aufgenommen werden sollen. Hingegen kritisieren Konsumentenorganisationen die Willkür der Kriterien, nach denen «ungesunde» Produkte ermittelt werden.

Auch das Murren der Kantone ist schnell zu hören, denn niemand will seine – möglicherweise gesundheitsschädlichen – lokalen Produkte besteuert sehen. Einige wie die Kantone Freiburg und Graubünden fordern «kulturelle Ausnahmen» für Fondue oder Trockenfleisch. Grenzkantone wie Genf und Basel sind besorgt über die Auswirkungen der nationalen Preiserhöhungen auf den Einkaufstourismus und fordern, dass die Steuer nicht zu hoch ausfällt.

Schliesslich lassen die Forderungen nach Subventionen für die betroffenen Akteure nicht lange auf sich warten: Zahlreiche parlamentarische Vorstösse werden eingereicht, um Haushalte mit niedrigen Einkommen sowie besonders betroffene Industrien «und ihre Arbeitsplätze» zu unterstützen.

Diese hypothetische Episode zeigt deutlich, dass staatliche Massnahmen unweigerlich zu Grabenkämpfen zwischen Interessengruppen führen. Statt Energie für die Risikoreduktion von potenziellen Genussmitteln aufzuwenden, wird Zeit und Geld investiert, um Produkte vom Anwendungsbereich der neuen Regelung auszunehmen oder zumindest eine Vorzugsbehandlung beim Vollzug zu erhalten.

Wenn die Realität die Fiktion übertrifft

Die mit dem Prozess verbundene Komplexität ist nicht nur theoretischer Natur, sondern zeigt sich auch in der Praxis. Kantone wie Neuenburg und Genf haben dies bei ihren Versuchen, Steuern auf zuckerhaltige Getränke bzw. auf Zuckerzusatz einzuführen, erfahren. In beiden Fällen stiessen die Initiativen auf parlamentarische und administrative Hindernisse. Mehrere Jahre nach ihrer Lancierung ist bis heute keines der Projekte erfolgreich abgeschlossen worden.

Im Gegensatz dazu zeigen private Initiativen wie die Mailänder Erklärung, wie schnell und effektiv Massnahmen des Privatsektors sein können. Innerhalb von zwei Jahren (zwischen 2016 und 2018) wurde der Zuckerzusatz in Frühstücksflocken um 13% gesenkt. Auf freiwillige Initiativen des Privatsektors zu setzen würde nicht nur einen bürokratischen Prozess umgehen, sondern wäre auch schneller, flexibler und damit effektiver.

Mehr über den Konsum von «ungesunden» Produkten in der Schweiz, die Inkohärenzen des Staates im Gesundheitswesen, aber auch darüber, wie sich der Privatsektor engagieren kann, um den Konsum dieser Produkte einzuschränken, erfahren Sie in unserer neuen Publikation «Privat vor Staat, auch in der Prävention – Unternehmerische Ansätze sind besser als widersprüchliche Staatseingriffe».