Die Schweizer Gesundheitskosten sind seit den 1960er Jahren nominal um rund Faktor 40 gestiegen – von knapp 2 Mrd. Fr. im Jahr 1960 auf imposante 77,7 Mrd. Fr. im Jahr 2015. Damit beliefen sich die Gesundheitsausgaben 2015 im Durchschnitt auf total 213 Mio. Fr. pro Tag, bzw. eindrückliche 782 Fr. pro Kopf und Monat.

Ein Ende dieser Kostenentwicklung ist nicht absehbar. Experten schätzen, dass die Gesundheitskosten weiterhin mit 3 bis 4% pro Jahr wachsen werden, womit dieses Jahr ein Ausgabenstand von 82 Mrd. Fr. erreicht werden dürfte. Problematisch an dieser Entwicklung ist nicht zuletzt, dass die Gesundheitskosten weit stärker ansteigen als die restlichen öffentlichen Ausgaben. So erhöhten sich die Gesundheitsausgaben in den letzten 20 Jahren um beinahe 120%, während die Gesamtausgaben «nur» halb so schnell wuchsen. Damit schlägt der Ausgabenposten «Gesundheit» mit einem immer grösseren Anteil der öffentlichen Ausgaben auf Stufe Bund, Kantone und Gemeinden zu Buche.

Ein internationales Phänomen

Nicht nur die Schweiz kämpft mit hohen Gesundheitskosten. Auch in Ländern wie Schweden, Frankreich oder Deutschland betrug der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttosozialprodukt 2015 11% und mehr, in den USA sogar beinahe 17% (vgl. Abb.). Dabei sind die Spitäler regelmässig für den grössten Anteil der Gesundheitskosten verantwortlich: In den meisten OECD-Ländern entfallen etwas mehr als ein Drittel der Gesundheitsausgaben auf den Spitalsektor. Es erstaunt deshalb nicht, dass der Frage, wie man die steigenden Kosten im Gesundheitssektor generell – aber besonders auch im Spitalbereich – in den Griff bekommen könnte, in den letzten Dekaden viel Aufmerksamkeit zukam.

Dabei veränderte sich der Politikansatz über die Zeit fundamental: In den 1970er und 1980er Jahren versuchte man die Kosten in erster Linie mittels Regulierung zu drücken. Beliebte Rezepturen waren etwa staatlich verordnete Preissenkungen für die Leistungserbringer sowie die Rationierung des Zugangs zu neuen, teuren Technologien. Die kostendämpfende Wirkung solcher Massnahmen stellte sich jedoch als nicht nachhaltig heraus. Um dem anhaltenden Kostenwachstum Herr zu werden, hätte immer weiter an der Regulierungs- und Rationierungsschraube gedreht werden müssen, was politisch zunehmend unattraktiv erschien. In vielen Ländern, so etwa in Grossbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland oder Schweden, setzte man deshalb ab den 1990er Jahren vermehrt auf die Einführung von Wettbewerbselementen im Spitalbereich.

Rationierung von Gesundheitsleistungen ist nicht zielführend

Auch in der Schweiz wurden Reformen mit Wettbewerbselementen im Spitalsektor eingeleitet, in der Hoffnung, die Kostenexplosion damit zu entschärfen. Die 2012 eingeführte «Neue Spitalfinanzierung» zielte primär darauf ab, im Bereich der Akutspitäler durch Transparenz die Effizienz und Qualität zu steigern sowie die Kosten der akutsomatischen Leistungen zu senken. Anstatt diesen Weg konsequent weiterzugehen, scheint man sich in der Schweiz in neuerer Zeit jedoch wieder vermehrt auf Regulierungsinstrumente zurückzubesinnen, die sich schon in der Vergangenheit nicht bewährt haben.

Zur Diskussion steht u.a. die Einführung von Globalbudgets, also eine Idee, die mit einer Zentralisierung der Kompetenzen – von den Kantonen und Tarifpartnern hin zum Bund – und Rationierung einherginge. Gewonnen wäre damit wohl kaum viel. Implizit wird mit der Zuweisung von Globalbudgets nämlich zentral darüber entschieden, wo, wie und in welchem Umfang Leistungen (noch) erbracht werden. Dass das Resultat einer solchen zentralen Rationierung von Gesundheitsleistungen – falls sie denn überhaupt sinnvoll geplant werden kann –  von den Kantonen akzeptiert würde, ist höchst unwahrscheinlich. Schon heute hebeln diese die strukturbereinigenden, wettbewerblichen Mechanismen mittels der grosszügigen Abgeltung von Gemeinwirtschaftlichen Leistungen, tiefen Referenztarifen, restriktiven Aufnahmekriterien auf die Spitallisten etc. weitgehend aus.

Zu erinnern ist im Übrigen auch daran, dass Rationierungen typischerweise mit Warteschlangen einhergehen und somit eine «Zweiklassenmedizin» befördern – wer es sich leisten kann, wird sich privat behandeln lassen. Letztlich dürfte auch die Einführung von Globalbudgets und anderen Rationierungsinstrumenten nichts an der Binsenwahrheit ändern, dass ein Leistungsabbau im kantonalen Gesundheitswesen politischem Selbstmord gleichkommt. Was es deshalb vordringlich bräuchte, ist eine «Entpolitisierung» des Gesundheitswesen, und Reformen, die die Wettbewerbskräfte im Spitalsektor stärken. Mit welchen wettbewerblichen Reformen der nach wie vor herrschende «Kantönligeist» durchbrochen werden könnte, hat Avenir Suisse in der Publikation «Gesunde Spitalpolitik» detailliert dargelegt. Im Vordergrund stehen drei Massnahmen:

  1. Mehr Transparenz bei den Subventionen:Der Vergabeprozess der sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) muss transparenter und fairer gestaltet werden, sei dies durch Ausschreibungen oder die explizite Zustimmung des jeweiligen kantonalen Parlaments (vgl. auch «Intransparente Spitalsubventionen» und «Ein Damoklesschwert im Spitalsektor»).
  2. Aktiver Einbezug der Patienten: Die Patienten sollen mehr mitreden dürfen. Mit neuen Versicherungsmodellen, bei denen die Krankenkassen ihre Patienten vor Spitaleingriffen beraten, werden die Versicherten für Qualitäts- und Kostenunterschiede sensibilisiert. Wählen sie ein günstigeres, aber qualitativ gleichwertiges Angebot, werden sie für die resultierenden Kosteneinsparungen mit einer Gutschrift oder tieferen Prämien belohnt (vgl. auch «Wenn Spitäler um Patienten buhlen»).
  3. Abschaffung der kantonalen Spitallisten: Die Einführung von einheitlichen, schweizweit gültigen Qualitätskriterien für den Betrieb von Spitälern anstelle der kantonalen Spitallisten soll dazu beitragen, den «Kantönligeist» zu durchbrechen und den Wettbewerb – sowie die Mobilität der Patienten – über die Kantonsgrenze hinweg zu fördern.