Dass sich das Klima in der Schweiz ändern wird – selbst unter weltweiter Einhaltung der Pariser Klimaziele – kann als Tatsache gelten. Sich nun aber einer kopflosen Panik hinzugeben, ist weder hilfreich noch realitätsnah. Auch der Staat darf nicht einem blinden Aktivismus verfallen. Zusätzlich zu geeigneten Massnahmen gegen den Klimawandel sollte man sich fragen, inwiefern die Schweiz davon betroffen ist, und entsprechende Schritte einleiten. Doch nicht nur die aktuelle Hitze und Trockenheit stellen die Schweiz vor neue Herausforderungen, sondern auch in weiteren Bereichen lassen sich Risiken identifizieren. Aber nicht in allen Fällen bedingen diese sogleich ein Eingreifen des Staates.

Anpassung der Infrastruktur

Eine der wesentlichen Kernaufgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden ist das Bereitstellen der öffentlichen Infrastruktur. Diese sollte an die neuen, wärmeren Bedingungen angepasst werden. Schätzungen der jährlichen Zusatzkosten der Transportinfrastrukturen ergeben einen Betrag von rund 100 Mio. Fr. Darin enthalten sind etwa Schäden an Strassen und Schienen durch Extremereignisse wie Überflutungen und Stürme, aber auch graduelle Entwicklungen wie erhöhte Degradierungsschäden durch intensivere Niederschläge oder eine höhere Nachfrage nach Kühlungsmöglichkeiten. Neben den nötigen Mehrinvestitionen ergeben sich auch positive Auswirkungen: So kommt es etwa zu weniger kältebedingten Schäden an Schienen und Strassen. Eine Kostenexplosion für den Unterhalt der Schweizer Infrastruktur ist nicht zu erwarten.

Künftige Hochwasser wie hier im Thurtal könnten, von vermehrten Starkniederschlägen ausgelöst, häufiger auftreten und mehr Lockermaterial mitschwemmen. (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Grossereignis Hochwasser

Sechs Todesopfer und Schäden von rund drei Milliarden Franken verursachte das «Alpenhochwasser» im August 2005. Künftige Hochwasser könnten, von vermehrten Starkniederschlägen ausgelöst, häufiger auftreten und durch die Auftauprozesse im Permafrost und den Gletscherzurückgang mehr Lockermaterial mitschwemmen. Nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Intensität und Gefährlichkeit dürften zunehmen.

Der Hochwasserschutz ist in der Schweiz seit geraumer Zeit gesetzlich verankert, Schutzbauten sind an vielen Risikostellen bereits vorhanden und werden stetig verbessert – etwa durch die Berücksichtigung von Extremereignissen, welche die Kapazität der Schutzmassnahmen übersteigen, sogenannte Überlastfälle. Dadurch kann sichergestellt werden, dass Schutzbauten nicht kollabieren und die Wassermassen sprunghaft und unkontrolliert ansteigen. Abflusskorridore und organisatorische Massnahmen helfen, das Risiko weiter zu reduzieren. Wichtig sind hier die periodische Aktualisierung von Gefahren- und Risikogrundlagen sowie die Weiterführung des permanenten Monitorings, um das bestehende Schutzniveau zu erhalten.

Weitere Anpassungsmassnahmen

Unklar ist die Situation bei zukünftigen Anforderungen an den Geröllschutz. Das Bafu sieht bei den beobachteten Sturzereignissen keinen signifikanten temperaturabhängigen Trend. Durch die Auftauprozesse im Permafrost können aber neue Trennflächen, Entlastungsbrüche und neue Fliesswege im Fels entstehen. Auch die Zunahme von Starkniederschlägen erhöht das Risiko von Erdrutschen. Durch die intensivere Raumnutzung ist mit einer Zunahme von Personen- und Sachschäden zu rechnen. Wie auch beim Hochwasserschutz gilt es, mit einer ständigen Überwachung und baulichen Massnahmen vorzusorgen. Diese Massnahmen sind jedoch örtlich sehr unterschiedlich und im Einzelfall gesondert zu betrachten.

Anpassungs-Aktivismus vermeiden

Das Bewusstsein für die nötigen Anpassungen an den Klimawandel ist bei vielen Akteuren vorhanden. Die zuständigen Behörden haben die letzten Jahre nicht ungenutzt verstreichen lassen, sondern sich teilweise intensiv mit den Veränderungen auseinandergesetzt – oft begleitet von einem starken und Ausbau der Verwaltungsstellen. Trotz der Herausforderungen, vor welche der Klimawandel die Schweiz stellt, gilt es, nicht in einen Anpassungs-Aktivismus zu verfallen. Eine nüchterne Kosten-Nutzen-Abwägung ist bei allen angedachten Massnahmen vorzunehmen.

Der für die Schweiz erfolgreiche Ansatz der Subsidiarität soll auch bei den Anpassungen an den Klimawandel zum Tragen kommen. Bund, Kantone und Gemeinden sollen die öffentlichen Güter, die sie bereitstellen, vor negativen Auswirkungen des Klimawandels schützen. Sich ergebende Chancen können aber von privaten Akteuren genutzt werden. Dazu braucht es freiere Rahmenbedingungen, damit sich die Wirtschaft entfalten kann. Eine Förderung durch Staatsstellen ist nicht notwendig. Auch ist es nicht zielführend, den Status quo mit allen Mitteln zu verteidigen. Gerade etwa für Forst- und Landwirtschaft braucht es nicht eine Konservierung des Ist-Zustands, sondern eine Anpassung an die neuen Umstände – etwa mittels anderer Arten der Bepflanzung. Die sich abzeichnende Realität ist zu akzeptieren. Mit diesen Prinzipien kann der Schweiz eine erfolgreiche Anpassung gelingen, die auch effizient und effektiv ist.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in unserer Studie «Wirkungsvolle Klimapolitik».