Über 1,3 Millionen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger votierten am 7. März gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien – mehr als 48 Prozent aller abgegebenen Stimmen. Ende November 2020 sprach sich eine Mehrheit für die Konzernverantwortungsinitiative aus; nur das fehlende Ständemehr verhinderte deren Annahme.

Äusserst knapp führten somit in jüngster Zeit zwei Vorlagen nicht zu Abstimmungsresultaten, die der internationalen Konkurrenzfähigkeit und der Fortentwicklung der Schweizer Volkswirtschaft nachhaltig geschadet hätten. Doch bereits kündigen die Grünen das Referendum gegen das Mercosur-Abkommen an – obwohl der Vertragstext noch nicht einmal vorliegt.

Die Schweiz als verlässlicher Hort wettbewerbsfreundlicher Rahmenbedingungen? Kaum. Immer weniger wird das Unternehmertum in den Urnengängen mit Konkurrenzfähigkeit und Innovationskraft gleichgesetzt, sondern für Gewinnorientierung gebrandmarkt (obwohl Merkmal jeder marktwirtschaftlichen Ordnung) oder generell für alles Übel dieser Welt kritisiert.

Wirtschaftsführer sollten vermehrt wieder in die politische Arena steigen. (Screenshot SRF-«Abstimmungs-Arena» zum Freihandel mit Indonesien)

Gegen Vorurteile, die als Urteil ins Stimmverhalten an der Urne einfliessen, schaffen auch teure Kampagnen der Wirtschaftsverbände keine Abhilfe. Vorbehalte aus zahlreichen Kreisen der Gesellschaft gegen das Unternehmerische lassen sich nicht mit Abstimmungsplakaten, die alle drei Monate aufgestellt werden, aus der Welt schaffen.

Wirtschaftsfeindliche, oft faktenferne Narrative haben sich über Jahre hinweg ins helvetische Gemüt eingenistet. Zwar ist die Schweiz «Globalisierungsweltmeister», dank Einbindung Zehntausender Unternehmen in internationale Wertschöpfungsketten; ein erklecklicher Teil des Pro-Kopf-Einkommenszuwachses seit der Jahrtausendwende ist damit zu erklären. Dennoch wird diese bewährte internationale Arbeitsteilung mit «Umverteilung von unten nach oben» oder «Demokratieverlust und Ausbeutung» gleichgesetzt.

Auch wenn im russischen Märchen Bäume in den Himmel wachsen, Geld tut es nicht. Es sind vorab die börsenkotierten und multinationalen Unternehmen, die überdurchschnittlich zur gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt beitragen. Sie erbringen gut 36 Prozent der Wertschöpfung. Und obschon sie nur 17 Prozent aller Arbeitskräfte beschäftigen, haben Grossunternehmen im letzten Jahrzehnt rund 30 Prozent der neuen Stellen geschaffen.

Angesichts zunehmender plebiszitärer Ablehnung der marktwirtschaftlichen Ordnung greift die Wurzel dieser Entwicklung deutlich tiefer. In der Politik geniesst Umverteilung Priorität vor ökonomischen Notwendigkeiten – nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Um die schleichende Erosion des Wirtschaftsstandortes Schweiz aufzufangen, braucht es daher wieder Unternehmensverantwortliche aller Führungsebenen, die mit persönlichem Engagement ihren Beitrag zur Meinungsbildung leisten.

Es braucht aber auch wieder mehr wirtschaftliche Kompetenz in der Schweizer Milizpolitik, die der Fortschritts- und Wachstumsmüdigkeit die Werte einer freiheitlichen Ordnung entgegensetzen und über das betriebliche Wissen verfügen, wie – so salopp es auch tönt – Geld verdient wird. Ansonsten droht tatsächlich eine plebiszitäre Zeitenwende.

Dieser Beitrag ist am 18. März 2021 in der «Handelszeitung» erschienen.