Das CO2-Gesetz, über das im Sommer 2021 abgestimmt wurde, stellte Liberale vor eine schwierige Wahl: Dass griffige Massnahmen gefordert sind, um das nächste Etappenziel auf dem Weg zu netto-null zu erreichen – minus 50% gegenüber 1990 bis 2030 – steht ausser Frage. Doch mit seinen diversen teilweise dirigistischen Instrumenten war das Gesetz weit entfernt von einer konsequenten, umfassenden Bepreisung der Treibhausgase, die dem Verursacherprinzip gerecht würde. Allerdings musste auch befürchtet werden, dass alles, was auf eine Ablehnung der Vorlage folgt, nicht besser, sondern noch schlechter sein würde.
Steuerzahler werden zur Kasse gebeten, nicht Verursacher
Und genau das zeichnet sich nun leider ab: Um politische Mehrheiten zu zimmern, tritt der Bundesrat mit dem revidierten CO2-Gesetz, das er letzte Woche zuhanden des Parlaments verabschiedet hat, das Verursacherprinzip nun definitiv mit Füssen. Statt auf effiziente, marktwirtschaftliche Instrumente wie eine CO2-Steuer zu setzen, will Bern ein Füllhorn an Förderungen und Subventionen über der Bevölkerung und dem Gewerbe ausschütten. 3,2 Milliarden Franken für die Energiewende, 2 Milliarden für den Ersatz fossiler Heizungen und für Gebäudesanierungen sowie schliesslich 1,2 Milliarden für die Förderung neuer Technologien. Der Bund bezahlt, die Emittenten werden geschont.
Oder anders formuliert: Zur Kasse gebeten werden die Steuerzahler, nicht die Verursacher. Dass ein solches Vorgehen die Stimmbürger abholen soll, bestreiten die Autoren dieser Zeilen nicht – doch eigentlich ist es durchaus verblüffend: Man müsste doch meinen, die Forderung, dass Verursacher für ihre Schäden zahlen sollen, entspringe einem tief verankerten Gefühl für Gerechtigkeit und sei deshalb geradezu dafür geschaffen, politischen Mehrheiten zu finden. Offenbar wird diese Präferenz aber von einer noch banaleren Präferenz überlagert: «Die Reichen sollen zahlen!». Was dabei vergessen geht: Von einer vollständigen Pro-Kopf-Rückverteilung von CO2-Abgaben an die Bevölkerung würden einkommensschwache Haushalte – so denn ihr CO2-Fussabdruck unter dem Durchschnitt liegt – finanziell stärker profitieren als von steuerfinanzierten Subventionen.
Verursachergerechte Bepreisung erklären
Ausserdem ziehen die Subventionen gegenüber der Bepreisung in der dynamischen Betrachtung den Kürzeren: Wird ein erwünschtes Verhalten subventioniert statt ein unerwünschtes mit einer Abgabe belastet, folgt eine Mengenausweitung. Das Paradebeispiel ist der öffentliche Verkehr: Statt Kostenwahrheit bei den verschiedenen Verkehrsträgern einzufordern, wird dieser subventioniert und damit künstlich verbilligt. Mobilität wird so insgesamt zu günstig angeboten und darum in einem ineffizient hohen Umfang konsumiert, was z.B. auch zu mehr Zersiedlung und weiteren Folgekosten führt.
In der Politik scheint sich die Meinung durchzusetzen, preisbasierte Ansätze seien nicht mehrheitsfähig. Doch diese Schlussfolgerung ist zu kurz gegriffen. Würde sich die Politik die Mühe machen, den Stimmbürgerinnern und Stimmbürgern die Vorteile einer verursachergerechten Bepreisung eingängig zu erklären, wäre eine Mehrheitsfähigkeit durchaus vorstellbar. Erste Bedingung dafür wäre aber, dass die Lenkungsabgabe sauber implementiert, sprich tatsächlich voll an die Bevölkerung zurückverteilt würde.
Im revidierten CO2-Gesetz wird genau das Gegenteil gemacht. Die einzige Lenkungsabgabe – die CO2-Abgabe auf Brennstoffe –, die bisher zu immerhin zwei Dritteln an die Haushalte zurückfloss, soll nun bloss noch zu 50% rückverteilt werden. Die andere Hälfte soll ins Gebäudeprogramm fliessen – das bisher mit Subventionskosten von 207 Fr. pro vermiedene Tonne CO2 nicht mit Effizienz glänzte. Die Begründung: Da die Einnahmen aus der Abgabe gesunken seien, müsse man einen grösseren Teil davon einbehalten, um das Gebäudeprogramm noch finanzieren zu können.
Lenkungsabgabe soll lenken, nicht finanzieren
Geradezu exemplarisch wird damit der Charakter der Lenkungsabgabe verleugnet: Sie soll – wie ihr Name schon sagt – lenken, nicht finanzieren. Erfüllt sie ihren Zweck – führt sie also zur Reduktion der unerwünschten Tätigkeit – so kann sie nicht gleichzeitig auch noch der Finanzierung zweckgebundener Geldtöpfe dienen. Denn aus der Zielerreichung folgt ja ganz direkt die Verkleinerung des Abgabevolumens. Soll sie hingegen etwas finanzieren, müsste man auf ein Ausbleiben der Lenkungswirkung hoffen – was ihren Namen ad absurdum führen würde und angesichts ehrgeiziger Klimaziele widersinnig wäre.
Die Politik misstraut in ihrem Gestaltungsanspruch leider allzu oft solchen – an sich logischen – Marktmechanismen. So auch im Falle des CO2-Gesetzes: Mit der diskutierten Vorlage entfernt sich der Bund noch weiter vom Ideal der Kostenwahrheit. Die Klimapolitik der Schweiz wirkt zusehends mutlos und ineffizient, die volkswirtschaftlichen Kosten werden entsprechend hoch sein.
Weiterführende Informationen über den liberalen Weg zu einer CO2-neutralen Zukunft finden Sie in unserer Studie «Wirkungsvolle Klimapolitik».