Wo eine Krise, sind die Berater meist nicht weit. So auch im Fall der Schweizerischen Post, die seit Jahren mit sinkenden Betriebserträgen konfrontiert ist. Wie jüngst den Medien zu entnehmen, hat die Post verschiedene Beratungsunternehmen ins Haus geholt, die den gelben Riesen unterstützen sollen, dies etwa in den Bereichen Strategieentwicklung, Projektmanagement, Merger & Acquisition und Compliance. Grundsätzlich ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, guten Rat – auch wenn er im wahrsten Sinn des Wortes teuer ist – von Externen einzukaufen. Oftmals handelt es sich dabei um eine einfache «Make or Buy»-Entscheidung, wobei gerade der objektive Expertenblick von aussen in vielen Fällen wertvoll sein kann, um neue Wege aufzuzeigen oder auch Betriebsblindheit und interne Konflikte zu überwinden.

Geschäftsmodell unter Druck

Und dass die Post neue Wege gehen muss, dürfte weitgehend unbestritten sein, denn ihr Geschäftsmodell steht von allen Seiten her unter massivem Druck. Die Konsequenz hiervon ist, dass die Finanzierung des postalischen Service public, der jährlich 350 bis 400 Mio. Franken kostet und für den die Post keine staatlichen Subventionen oder Abgeltungen erhält, stark gefährdet ist. Das Monopol für Inlandsbriefe bis 50 Gramm, das der Post zu diesem Zweck überlassen wurde, deckt heute die Kosten der Grundversorgung nur noch zu einem kleinen Teil. Gegeben das kontinuierlich sinkende Briefvolumen, dürfte die Bedeutung dieser Finanzierungsquelle in Zukunft weiter abnehmen. Der überwiegende Teil der Grundversorgungskosten muss also heute schon mit Einnahmen aus anderen Bereichen der Post gedeckt werden.

Der Briefmarkt ist jedoch auch ausserhalb des «Restmonopols» rückläufig, und von einer Steigerung des Betriebserlöses im Paketmarkt darf – trotz zunehmender Volumen – nicht ausgegangen werden, da der Wettbewerbs- und Margendruck im vollständig liberalisierten Paketmarkt stetig zunimmt. Auch von Postfinance, der ehemaligen Cashcow der Schweizerischen Post, sollte keine Rettung erwartet werden. Die anhaltend tiefen Zinsen bewirken, dass die Gewinne von Postfinance – die keine Kredite und Hypotheken vergeben darf – zusehends wegbrechen. Ohne Reformen droht sie früher oder später in die Verlustzone abzurutschen. Definitiv nicht zu den Cashcows gehören überdies die Postautos. Wie spätestens seit dem «Postautoskandal» einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dürfen in dieser Geschäftssparte keine Gewinne erwirtschaftet werden.

Kommunikationskanal mit Patina: der Brief. (Shaun Bell, Unsplash)

Welchen Beitrag Beratungsunternehmen zur Überwindung dieser Krise leisten können, sei dahingestellt. Klar ist jedoch, dass es mit den üblicherweise verordneten Massnahmen zur Steigerung der Effizienz nicht getan ist. Zwar dürfte innerhalb einer Organisation wie der Post, die mehr als 40’000 Personen beschäftigt, sicherlich noch immer beträchtliches Optimierungspotenzial bestehen. Bei der Hebung dieses Potenzials handelt es sich aber letztlich eher um eine Art «Palliativtherapie»: Effizienzsteigerungen – seien diese etwa in Form von Rationalisierungsmassnahmen oder einer Verbesserung von Sortier- und Zustellungsprozessen – vermögen im besten Fall die Symptome zu lindern, nicht jedoch das fundamentale Problem der Post zu lösen. Dieses besteht nämlich nicht primär in allfälligen Ineffizienzen, sondern in der Tatsache, dass aufgrund der Digitalisierung immer weniger Menschen Briefe verschicken und Einzahlungen am Postschalter vornehmen, sprich: die stetig und unwiderruflich abnehmende Nachfrage nach herkömmlichen postalischen Dienstleistungen.

Eignerstrategie den Marktentwicklungen anpassen

Letztlich wäre es also illusorisch anzunehmen, Beratungsunternehmen könnten die aktuellen Probleme der Post nachhaltig lösen. Dies kann nur die Politik, indem sie die dringend nötigen Reformen an die Hand nimmt. Insbesondere der Bund ist gefordert, seine Verantwortung als Eigentümer der Post wahrzunehmen und die Eignerstrategie den realen Marktentwicklungen anzupassen sowie klare Transformationsziele zu formulieren. Kein Weg wird in diesem Zusammenhang um die Debatte führen, wieviel postalische Grundversorgung wir uns in Zukunft leisten wollen und wer diese bezahlen soll. Dabei muss die Welt nicht neu erfunden werden: Länder wie Dänemark, die Niederlande oder Schweden haben längst auf die Entwicklungen im Postmarkt reagiert und die Grundversorgung auf das in einer digitalen Welt Notwendige beschränkt – sie könnten als Vorbild für die Schweiz dienen.

Auch bei der Postfinance besteht dringender Handlungsbedarf. Werden von der Politik nicht bald die nötigen Reformschritte eingeleitet, droht diese im heutigen Regulierungskorsett in absehbarer Zukunft in die Verlustzone abzurutschen. Leidtragende werden die Steuerzahler sein, die eine Notfall-Rettung und Sanierung letztlich finanzieren müssen. Zu fordern ist deshalb, dass das einengende Kredit- und Hypothekarverbot sowie der Grundversorgungsauftrag im Bereich des Zahlungsverkehrs – ein internationales Unikum aus Zeiten, in denen es noch kein E-Banking gab – abgeschafft werden. Bleibt die Postfinance jedoch im Eigentum des Bundes, wird damit zusätzlich zu den 24 bereits heute bestehenden Kantonalbanken eine weitere vollwertige Staatsbank geschaffen. Dafür besteht schlicht kein Bedarf. Um der Postfinance die nötige politische Unabhängigkeit und unternehmerische Flexibilität zu verschaffen, die sie braucht, um sich am Markt zu behaupten, muss sie privatisiert werden.