Die Schuldenbremse wird in den kommenden Jahren auf die Probe gestellt, denn es zeichnen sich Defizite in der Grössenordnung von 2 Mrd. Fr. pro Jahr ab. Grund dafür sind nicht rückläufige Einnahmen, sondern das beschleunigte Wachstum der Ausgaben. Zu nennen ist der ungebremste Anstieg der Sozialausgaben, aber auch die Bereiche Verkehr und Bildung verzeichnen steigende Zuwachsraten. Der Knackpunkt der Budgetsanierung besteht darin, dass rund zwei Drittel der Bundesausgaben von bald 75 Mrd. Fr. gesetzlich vorgegeben sind und nicht in der unmittelbaren Budgetkompetenz des Parlaments liegen. Die Vermeidung der zu erwartenden Defizite von 2 Mrd. Fr. durch Einsparungen in den ungebundenen 25 Mrd. Fr. des Haushalts hat darum schmerzhafte Einschnitte zur Folge. Da sich die aktuelle Parlamentsmehrheit kaum zu Einsparungen in den ungebundenen Bereichen (Landwirtschaft, Sicherheit, Bildung und Forschung) durchringen kann, erweist sich die «Rasenmähermethode», d.h. lineare Kürzung quer durch alle Bereiche, oft als der einzig mögliche Kompromiss.
Kluge Finanzpolitik setzt Prioritäten
Politische Prioritätensetzung und sachliche Aufgabenüberprüfung sind vor diesem Hintergrund dringend geboten. Zur Sicherstellung einer liberalen Finanzpolitik lässt sich das «Schattenbudget» von folgenden Kriterien leiten:
- Reduktion von Subventionen, die ineffiziente Strukturen und Branchen schützen, den Strukturwandel behindern und so zu Wohlstandsverlusten führen.
- Ausschöpfung von Effizienzpotenzialen. Jeder Steuerfranken kostet die Gesellschaft mehr als einen Franken und sollte die bestmögliche Wirksamkeit entfalten.
- Das Äquivalenzprinzip stellt sicher, dass Empfänger und Bezahler von Staatsleistungen möglichst deckungsgleich sind – z.B. für die Nutzung der Verkehrsinfrastruktur. Andernfalls entsteht ein intransparentes Geflecht von Umverteilungen. Verteilungspolitik sollte über den Steuertarif stattfinden.
- Gemäss der Subsidiarität sind Staatsaufgaben auf der tiefstmöglichen Staatsstufe wahrzunehmen. Nur so wird der föderale Wettbewerb erhalten, was Kosteneffizienz und Bürgernähe fördert.
Wie der Bund entlastet werden kann
Entlang dieser Kriterien listet das «Schattenbudget» 34 begründete Einzelmassnahmen auf, die ein kurzfristiges Entlastungspotenzial von 1,7 Mrd. Fr. entfalten, 2,6% der Gesamtausgaben. Langfristig – nach den erforderlichen Gesetzesanpassungen – ergibt sich aus den 34 Vorschlägen eine Aufwandreduktion von 9,4 Mrd. Fr. oder 14% des Bundesbudgets. Einige exemplarische Massnahmen:
- Immense volkswirtschaftliche Kosten sowie ein schwacher Leistungsausweis sprechen für eine radikale Reform der Agrarpolitik. Die Stützung der Landwirtschaft wird auf das europäische Niveau zurückgeführt.
Entlastung: kurzfristig 350 Mio. Fr., langfristig 2,5 Mrd. Fr.
- Gesundheitspolitik ist kantonale Kompetenz. Im Sinne der Aufgabenentflechtung zieht sich der Bund mittelfristig aus der Mitfinanzierung der individuellen Prämienverbilligung der Krankenversicherung zurück.
Entlastung: kurzfristig 165 Mio. Fr., langfristig 2,48 Mrd. Fr.
- Die Aufgaben des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) werden obsoleter. Eine Integration ins Staatssekretariat für Wirtschaft spart Kosten.
Entlastung: kurz- und langfristig 5 Mio. Fr.
- Das Rücktrittsalter von 60 Jahren für die Mitarbeitenden des Berufsmilitärs und des Grenzwachtkorps ist nicht mehr zeitgemäss. Vorruhestandsprämien werden abgeschafft.
Entlastung: kurzfristig 10 Mio. Fr., langfristig 20 Mio. Fr.
- Die nationalen Forschungsprogramme (NFP) und die nationalen Forschungsschwerpunkte widersprechen dem «Bottom-Up-Ansatz» der Schweizer Forschungspolitik. Die Mittel werden dem Nationalfonds zugeschlagen.
Entlastung: kurz- und langfristig 4 Mio. Fr.
Sinkende Bundessteuer
Ein Teil der Entlastungen des Bundes führt zu Mehraufgaben der Kantone. Die nötige Aufgabenentflechtung zwischen Bund und Kantonen, die in der Publikation «NFA II» detailliert dargelegt wurde, und die damit einhergehende stärkere Rolle der Kantone erlaubt eine Senkung der direkten Bundessteuer. Längerfristig sollte die Entflechtung auch auf der Steuerseite stattfinden, indem der Bund die direkte Besteuerung der Einkommen den Kantonen überlässt und sich auf die indirekten Steuern beschränkt. Dieser Schritt erleichtert die Verschiebung von Steueraufkommen vom Bund auf die Kantone.