Grundsätzlich kann ein Produkt am Ende seiner Lebensdauer oder Nutzung entsorgt werden – dazu gehört das Deponieren, Verbrennen oder Exportieren – oder über das Recycling dem Rohstoffkreislauf wieder zugeführt werden. In Bezug auf die Umweltauswirkungen ist ein direkter Vergleich der verschiedenen Arten schwierig, so dass man sich der Methode der ökologischen Knappheit bedient. Sie berücksichtigt ein breites Spektrum von Umweltbelastungen und fasst sie durch Aggregation zu einer Kennzahl zusammen. Das Ergebnis sind sogenannte Umweltbelastungspunkte (UBP), die den Vergleich zwischen verschiedenen Stoffen und Prozessen erlauben. 1 Mio. UBP entspricht einer Autofahrt von 3000 km oder 3600 kWh Strom (Basis Schweizer Strommix), 70‘000 Betriebsstunden eines Laptops oder dem Verbrennen von 370 kg Heizöl (Kägi, 2017).

Daraus ergeben sich teilweise überraschende Zusammenhänge. Der alte Slogan «Jute statt Plastik» zum Beispiel suggeriert Falsches. So bleibt die Jutetasche gegenüber einer PET-Mehrwegtasche auch nach zehn Nutzungen umweltbelastender (Carbotech 2019). Eine Untersuchung geht gar davon aus, dass ein Stoffsack 113 Mal benutzt werden muss, um gemäss Ökobilanz besser abzuschneiden als ein Plastiksack nach einmaligem Gebrauch (Heartland Institute 2017).

Die Schlüsselfrage lautet stets, für welche Stoffe sich eine Wiederverwertung unter den Gesichtspunkten des zusätzlichen Umweltnutzens (eingesparte UBP; eUBP) und der zusätzlich aufgewendeten Nettokosten gegenüber einer Verbrennung in der Kehrichtverbrennungsanlage (Referenzszenario in der Schweiz) lohnt. Der «Specific-Eco-Benefit-Indicator» (Sebi) – berechnet aus dem Quotienten eUBP/Fr. – liefert dazu die Antworten. Je höher der Sebi-Wert, desto höher die Ökoeffizienz des Recyclings gegenüber der Verbrennung und desto grösser der Umweltnutzen pro ausgegebenem Franken (Bunge 2015). Die Analyse verschiedener Stoffe zeigt, dass das Resultat höchst unterschiedlich ist (vgl. Abbildung).

So lohnt sich unter ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten das Recycling von Kunststoff kaum – entgegen einer weit verbreiteter Ansicht (vgl. Box). Eine Studie für die Schweiz kommt zum Schluss: «Kunststoffsammlungen aus Haushalten haben, verglichen mit der Sammlung von PET-Flaschen, eine geringe Kosten/Nutzen-Effizienz. Dem verhältnismässig kleinen ökologischen Nutzen stehen hohe Kosten gegenüber» (Dinkel et al. 2017, S. 2). Folgerichtig entschied das Bundesamt für Umwelt (Bafu) vor einigen Jahren, auf rechtliche Festschreibung einer Separatsammlung von Kunststoff zu verzichten. Abgesehen von PET werden Kunststoffabfälle der privaten Haushalte deshalb in der Regel nach wie vor zusammen mit dem übrigen Müll in einer Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) verbrannt. Da KVA in der Schweiz nicht nur über verschiedene Reinigungsstufen für das Rauchgas verfügen, sondern auch Energie oder Fernwärme erzeugen, stiftet Plastikabfall selbst noch bei seiner Vernichtung Nutzen bei minimaler Umweltbelastung.

Das «Problem» des Plastiks in der Schweiz

Gemäss Daten des Bundesamt für Umwelt (Bafu 2019) beträgt der Kunststoffverbrauch in der Schweiz rund 1 Mio. Tonnen pro Jahr, davon verbleiben rund 30 000 Tonnen in der Umwelt, 25’000 Tonnen davon als Mikroplastik, knapp die Hälfte davon wiederum als Reifenabrieb (10’400 Tonnen). Die restlichen 97% werden in Kehrichtverbrennungsanlagen und Zementwerken verbrannt oder landen als rezykliertes Produkt erneut im Kreislauf. Der Beitrag der Schweiz zum Plastikteppich in den Ozeanen beträgt 40 Tonnen pro Jahr, d.h. 0,0004% (Bafu 2019). Dabei handelt es sich vor allem um Exporte von Plastikabfall, die im Bestimmungsland teilweise unsachgemäss gelagert werden und ins Meer wehen.

Die häufigste Verwendungsart für Plastik sind Verpackungen. Die Produkteigenschaften von Plastik erfüllen viele Anforderungen der Hersteller, Konsumenten und des Regulators:

  • Lager sowie Lade- und Transportfunktion, u.a. Stapelbarkeit, Modularität.
  • Schutz, u.a. Haltbarkeit, Sterilität/Hygiene, Licht, mechanische Beschädigung. Ohne Plastikfolie wären viele Produkte weniger lange haltbar, der zusätzliche Foodwaste würde dabei – ökologisch betrachtet – die Belastung durch die Verpackung übersteigen. Ein Beispiel: Dank der Plastikfolie reduziert sich der Foodwaste von Gurken von über 9% auf 4,6% (Pilz 2016).
  • Dosier- und Entnahmefunktion, z.B. Verzehr über mehrere Entnahmen.
  • Rechtliche Auflagen, z.B. Lebensmittelsicherheit, Abdruck Informationspflichten.

Unter dem Umweltaspekt wichtiger als die Verpackung ist in den allermeisten Fällen der Inhalt. So beträgt der «Fussabdruck» der Verpackung in der Regel nur zwischen 1% und 5% der gesamten Umweltbelastung des Produktes (Carbotech 2019). Der Nutzen einer Plastikverpackung ist in den meisten Fällen wesentlich höher als deren Belastung durch Herstellung und Verwertung.

Trotzdem gibt es regelmässig parlamentarische Vorstösse zum Thema Plastik, oftmals mit dem Ziel – neben der Vermeidung – die Separatsammlung in der ganzen Schweiz verpflichtend einzuführen (vgl. CVP-Fraktion 2019; Chevalley 2014 und 2019; Flach 2019; Thorens Goumaz 2019; Trede 2013; Bundesversammlung 2020). Vereinzelt bieten Gemeinden bereits heute (zusätzlich zu PET) eine kostenpflichte Separatsammlung an.

Die Erwartung der Nutzer, das der so gesammelte, gemischte Plastik wiederverwertet wird und sich somit der Umweltschaden minimieren lasse, ist jedoch meist falsch. Oft handelt es sich beim Sammelgut um minderwertige Verpackungen aus Verbundstoffen, so dass nur ein kleinerer Teil der Plastikabfälle effektiv rezykliert werden kann. Schätzungen gehen von einer Wiederverwertungsquote von 20% bis 40% aus, der Rest landet in den Verbrennungsöfen von Kehrichtverbrennungsanlagen und Zementwerken (Bütler 2018) – genauso wie der Plastikabfall im normalen Hauskehricht.

Auch die Sammlung von Batterien ist heute im Vergleich zu anderen Stoffen weniger effizient. Bei Einführung der Separatsammlung war die Ausgangslage noch anders: Dem Stand der Technik entsprechend enthielten Batterien früher stark umweltbelastendes Quecksilber, das beim Verbrennen in den KVA freigesetzt wurde. Der Nutzen der Separatsammlung überwog die Kosten deshalb bei weitem. Doch seit Mitte der 1990er Jahre ist die Ausgangslage eine andere:

  • So enthalten die meistverkauften Batterien weder Quecksilber noch Cadmium, was das Umweltrisiko substantiell vermindert.
  • Zusätzlich haben die KVA mit Filter nachgerüstet, so dass viele Stoffe aus der Abluft gebunden werden können.
  • Meistens verbrennen die heutigen Batterien in den KVA gar nicht mehr, sondern bleiben unversehrt (Bunge 2008).

Dennoch bleibt die separate Sammlung von Batterien weiter bestehen – im Verhältnis zu den eUBP die mit Abstand teuerste Separatsammlung in der Schweiz. Trotz massiver Sensibilisierungskampagnen («Batteryman») durch Inobat – der Organisation, die im Auftrag des Bafu die vorgezogene Entsorgungsgebühr verwaltet – werden nur 67% aller Batterien (2017) wirklich getrennt eingesammelt (Swiss Recycling 2020). Der Rest landet im Haushaltskehricht oder verbleibt in den Haushalten (z.B. Batterien in Uhren, alten Handys). Es ist deshalb zu überlegen, ob der eingeschlagene Weg der Separatsammlung genügend effizient ist, oder ob nicht auch eine maschinelle Trennung nach der Verbrennung einzuführen wäre.

Wann also ist Recycling, wann Entsorgung sinnvoll? Umweltbelastungspunkte sind ein interessantes Instrument, um aus ökologischer Sicht zu priorisieren, was rezykliert werden sollte. Es fehlt jedoch eine regelmässig aufdatierte Berechnung der UBP. Denn aufgrund des technischen Wandels ändert sich das Warenangebot und damit die zu entsorgenden Produkte. Die Batterien sind in ihrer Zusammensetzung nicht mehr mit den Energiespeichern von vor 30 Jahren zu vergleichen.

Die Entscheidung für das Recycling eines bestimmten Stoffes hat monetäre Kostenfolgen. Es ist zu analysieren, ob mit denselben Aufwendungen aus Effizienzgründen nicht eher andere Stoffe gesammelt werden sollten oder ob sogar andere Umweltmassnahmen (ausserhalb der Abfallbewirtschaftung) geeigneter sind, d.h. pro eingesetztem Franken mehr Umweltnutzen zu stiften.

Serie: Recycling

Die Schweiz gilt als Musterland im Umgang mit Siedlungsabfällen und Recycling – trotz jährlich 716 kg Abfall  pro Kopf (Bafu). Die Infrastruktur genügt höchsten Ansprüchen, und was als Reststoffe anfällt, wird in hocheffizienten Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) entsorgt. Die entstehenden Schadstoffe werden grösstenteils herausgefiltert und die Abwärme entweder direkt als Fernwärme genutzt oder in Energie umgewandelt und wieder dem Wirtschaftsprozess zugeführt. Doch ein optimales Verhältnis von Kosten und Nutzen wird selten diskutiert. Das Ziel dieser Serie ist es, Ansätze für eine umfassende, volkswirtschaftlich fundierte Entsorgungs- und Recyclingpolitik zu liefern.