Think dänk! Mikrofon und Soundwave.

Think dänk!

Der Denkfabrik beim Denken zuhören

Was leistet eine Denkfabrik? Sie denkt. Sie forscht, entwickelt, bewertet. Produziert Wissen, Strategien, Lösungsvorschläge. Gibt Denkanstösse und Impulse, zeigt den Handlungsbedarf auf. So entwickelt Avenir Suisse Ideen für unsere Gesellschaft – prospektive Gedanken jenseits des Mainstreams zu Themen, die uns alle angehen. 

Lust, dem Think-Tank beim Denken zuzuhören und unsere Zukunft mitzudenken? Das Avenir-Suisse-Forschungsteam schafft Transparenz und gibt Einblicke in seine Arbeitsweise. 

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Welche Rolle spielen die FlaM für das Lohnniveau in der Schweiz?

Podcast Ein Gespräch über den Schweizer Arbeitsmarkt und das institutionelle Rahmenabkommen

Seit fünf Jahren verhandeln Brüssel und Bern über das institutionelle Rahmenabkommen (InstA). Der Vertragsentwurf steht – nicht jedoch seine Zukunft, denn die Politik und Gewerkschaften sind sich uneinig. Insbesondere über die FlaM und den Lohnschutz wird weiterhin heftig diskutiert. Allen voran die Gewerkschaften weigern sich die EU-Entsendungsrichtlinien zu übernehmen. Das Rahmenabkommen unterminiere die FlaM und gefährde damit die Schweizer Löhne. Eine extreme Position, findet Marco Salvi, Forschungsleiter und Senior Fellow bei Avenir Suisse. Der Einfluss der Entsendungen auf die Löhne werde überschätzt, denn die Kurzaufenthalter aus der EU machen nur 0,7% der Gesamtbeschäftigung aus. Das System in der Schweiz, bei welchen die Mindestlohnfestsetzung den Sozialpartnern überlassen wird, wird damit nicht gefährdet. Im Gespräch mit Nicole Dreyfus führt er aus, wie das hohe Lohnniveau in der Schweiz vor allem unserem hohen Produktivitätsniveau zu verdanken ist. Dessen künftige Entwicklung hängt entscheidend von unserem Zugang zum EU-Binnenmarkt ab.


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Marco Salvi, Nicole Dreyfus

«Als Finanzdirektor bin ich nicht an neuen Regelungen interessiert»

Podcast Der Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker über Freiheit und ihre Grenzen

Anlässlich der neusten Ausgabe des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes sprachen Samuel Rutz und Mario Bonato mit dem Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker über das Thema Freiheit.

Im letzten Jahr stand der Kanton Zürich auf Platz zehn des Freiheitsindexes, dieses Jahr kann er sich, so viel sei bereits verraten, verbessern – insbesondere im Bereich der ökonomischen Indikatoren. Ernst Stocker beurteilt dieses Resultat als hervorragend, besonders wenn man bedenke, dass der Kanton Zürich mit seinen verschiedenen grossen Städten und Ballungsgebieten in einer anderen Liga spielt als die meisten anderen Kantone: «Unsere S-Bahn verfügt über 27 Linien, davon fahren 24 über die Kantonsgrenze hinaus.»

Die Grösse des Kantons wirkt sich aus Sicht des Regierungsrates aber auch auf die zivilen Freiheiten aus, wo Zürich seit Jahren im hinteren Mittelfeld dümpelt. Die im Vergleich zu anderen Kantonen starken Restriktionen im zivilen Bereich führt Stocker darauf zurück, dass die Zürcherinnen und Zürcher auf viel engerem Raum leben als der Rest der Schweiz. Obwohl zum Beispiel der Jura bei den zivilen Freiheiten besser abschneide, sei in Zürich doch sehr viel mehr möglich als in einem ländlichen Kanton. Gerade als Finanzdirektor habe er wenig Interesse an neuen Regelungen, da diese zusätzliches Personal bringen und somit höhere Kosten.

Allerdings gibt es auch Freiheitsindikatoren, die wenig mit Geld zu tun haben, etwa das Ausländerstimmrecht. Auf die Frage, weshalb Zürich keinen liberaleren Umgang mit seinen Ausländern pflege, spielt Stocker den Ball an das Volk zurück, das entsprechende Vorstösse abgelehnt habe. Immerhin gelinge die Integration von Ausländern in Zürich gut. Es gebe keine Gettos und man dürfe sich im Kanton Zürich sicher fühlen.


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Samuel Rutz, Mario Bonato

Sterne für die Spitäler

Podcast Andrea Rytz, CEO der Zürcher Schulthess Klinik, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalkosten

Die steigenden Kosten im Gesundheitssystem beschäftigen alle: Patienten, Spitäler, Krankenversicherungen und Gesundheitspolitiker. Aber mit welchen Methoden könnte man das Kostenwachstum bremsen? Andrea Rytz, CEO der Zürcher Schulthess Klinik, und Jérôme Cosandey, Forschungsleiter Finanzierbare Sozialpolitik, sehen verschiedene Ansatzpunkte:

  1. Die Politik: Zu oft ist Gesundheitspolitik Interessenspolitik. Etwa bei den kantonalen Spitallisten, die nicht selten für Regionalpolitik instrumentalisiert werden. Viel sinnvoller bei der Beurteilung von Spitalleistungen wären allgemeine, in der ganzen Schweiz gültige und besser vergleichbare Kriterien.
  2. Die Qualität: Muss es wirklich immer die beste und teuerste Therapie sein? Mit den richtigen Anreizen für die Patienten könnte sich ein 5-Sterne-System auch im Spitalwesen durchsetzen.
  3. Die Schwerpunktsetzung: Heute gibt es zu viele Spitäler, die alles anbieten. Mit einer gezielten Spezialisierung der Anbieter wären neben Effizienzgewinnen auch Qualitätssteigerungen möglich.

Andrea Rytz und Jérôme Cosandey waren sich in ihrem Gespräch einig, dass die Spitäler nicht mehr, sondern bessere Regulierung brauchen. Die eine einseitige Fokussierung auf Tarife bringe zu wenig.
Mehr Wachstum heisse zudem nicht automatisch Kostenwachstum: Vielen Probleme könnten auch durch weniger Bürokratie gelöst werden: Etwa, wenn Ärzte sich besser austauschen und Patienten spitalübergreifend behandeln könnten, weil sie einen unkomplizierten Zugang zu den verschiedenen Institutionen erhielten.
Die Branche hat noch viel Raum für Verbesserungen. Und vielleicht kann auch die Zeit ein paar Wunden im Gesundheitssystem heilen. Zum Beispiel, wenn der Druck der Patienten, die sich gegen die Kosten wehren, grösser wird.


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Jérôme Cosandey, Nico Leuenberger

«Es geht darum, den Bauern eine Perspektive zu geben»

Podcast Warum der Status quo in der Schweizer Landwirtschaft nicht nachhaltig ist

Vor wenigen Wochen hat Avenir Suisse mit der Studie «Eine Agrarpolitik mit Zukunft» eine Zehn-Punkte-Strategie für die langfristige Reform der Schweizer Landwirtschaft präsentiert. «Absurd» und «unrealistisch» waren noch die freundlicheren Worte, mit denen der Schweizer Bauernverband auf die Vorschläge der Denkfabrik damals antwortete.

Im Gespräch mit Nicole Dreifus verteidigen die beiden Studienautoren Patrick Dümmler und Noémie Roten ihren Standpunkt. Der Status quo mache aktuell niemanden zufrieden: weder die Konsumenten, die hohe Preise für die Nahrungsmittel zahlen, noch die Bauern, die trotz hohen Arbeitseinsatzes kaum Rendite erwirtschaften. Dass auch die Bevölkerung die Landwirtschaftspolitik zunehmend kritisch sieht, zeige die wachsende Zahl politischer Initiativen in diesem Bereich. Neben den (erwarteten) kritischen Reaktionen haben die Autoren auch positives Feedback erhalten, von besorgten Bürgern oder von Leuten, die sich mit der Agrarpolitik befassen. Gut aufgenommen wurde auch das «Privilegienregister der Schweizer Landwirtschaft», mit dem Avenir Suisse Licht in den landwirtschaftlichen Subventionsdschungel bringt und das in den nächsten Jahren laufend aktualisiert werden soll.

Das ausserordentlich grosse Echo zeige vor allem eines: Die Studie hat einen wunden Punkt getroffen. Die weitverbreitete Unzufriedenheit mit der Schweizer Agrarpolitik sei umso bedenklicher, wenn man ihre gesamten volkswirtschaftlichen Kosten in Betracht ziehe. Diese betragen nämlich, wie die Studie zeigte, nicht weniger als 20 Mrd. Fr.

Mit dem Reformprogramm sollen die Subventionen in die Landwirtschaft gezielter fliessen und auch gleich lange Spiesse für die Bauern innerhalb der Wirtschaft geschaffen werden – also gegenüber dem Gewerbe und der Industrie. Warum etwa erhalten Bauern die  Treibstoffsteuern rückerstattet, nicht aber ein Malerbetrieb? Deregulierung und Wettbewerb könnten die Innovationskraft, die in diesem Sektor schlummert, wecken. Davon profitiert am Schluss die ganze Volkswirtschaft, nicht zuletzt die Bauern selbst.

Dass Grenzöffnung und weniger Subventionen oft sehr positive Auswirkungen haben, zeige das Beispiel Österreich, das sich seit 1995 innerhalb der EU zu einem Feinkostladen für den gesamten EU-Binnenmarkt entwickelt hat. Es wäre durchaus auch eine Chance für die Schweizer Bauern, wenn sie an diesem grossen europäischen Markt teilhaben könnten.


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Patrick Dümmler, Noémie Roten, Nicole Dreyfus

Mangelnder Wettbewerb unter den Spitälern

Podcast Verena Nold, Direktorin von Santésuisse, im Gespräch mit Jérôme Cosandey über Spitalpolitik

Seit 2012 können Patienten innerhalb ihrer Kantone – und unter gewissen Einschränkungen in der ganzen Schweiz – frei zwischen privaten und öffentlichen Spitälern wählen, sofern die Einrichtungen auf einer kantonalen Spitalliste aufgeführt sind. Medizinische Leistungen werden neu mit Fallpauschalen rückvergütet und nicht mehr durch direkte Subventionen an öffentliche Spitäler finanziert.

Verena Nold, Direktorin der Schweizer Krankenversicherer-Branchenorganisation Santésuisse, spricht im Podcast mit Jérôme Cosandey über die Auswirkungen der neuen Spitalfinanzierung auf die Gesundheitskosten. Zwar sei das Kostenwachstum gebremst worden, doch es brauche weitere Massnahmen, um die erwünschten qualitativen und quantitativen Effekte des verstärkten Wettbewerbs zu realisieren. Es gebe in der Schweiz zu viele Spitäler, die alle Leistungen anbieten wollen, was zu Doppelspurigkeiten führe – nicht zuletzt aufgrund des «Kantönligeistes». Wettbewerbshürden, kantonale Subventionen und schlecht informierte Patienten seien ein wichtiger Grund für die fehlende Spezialisierung der Spitäler und die damit resultierenden Überkapazitäten, sagt Cosandey.

Dass die Patienten wenig Preisbewusstsein entwickelten, sei laut Nold nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass sie die Kosten nur indirekt über die Krankenkassenprämien bezahlen. Eine Vermittlerrolle der Krankenversicherungen, kombiniert mit einem Bonus-System, wie es Avenir Suisse in der Studie «Gesunde Spitalpolitik» vorgeschlagen hat, hält sie für einen prüfenswerten Ansatz. Demnach würden Krankenkassen ihren Patienten vor planbaren Eingriffen eine Liste von geeigneten Spitälern vorlegen. Entscheidet sich der Patient für ein Spital mit tieferem Basistarif als das nächstgelegene, teilen sich die Versicherung und der Patient die Kosteneinsparungen. Es gelte dabei jedoch eine Zweiklassenmedizin zu vermeiden, betont Nolt.

Dass sich der Patient zusammen mit dem Arzt selber für ein «teureres» Spital in der Nähe oder eine andere Lösung entscheiden kann, ist auch für Jérôme Cosandey zentral. Es wäre denkbar, in verschiedenen Kantonen oder Regionen Pilotprojekte anzustossen, die bei Erfolg von der ganzen Schweiz übernommen werden könnte. Die Kassen hätten bereits heute Erfahrung mit verschiedenen Versicherungsmodellen, betont Verena Nold. Die Gesprächspartner sind sich einig darüber, dass diese Vielfalt eine Stärke des Schweizer Gesundheitssystems ist, im Unterschied etwa zu stark zentralisierten Lösungen wie in England. Es ermöglicht politische Innovationen im Gesundheitssektor, ohne gleich das ganze Land zu tangieren.


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Jérôme Cosandey, Nico Leuenberger

«Umwege erweitern den Horizont»

Podcast Markus Zürcher von der Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften im Gespräch mit Matthias Ammann

In der Studie «Exzellenz statt Regionalpolitik im Hochschulraum Schweiz» hat Avenir Suisse ein 10-Punkte-Programm für wettbewerbsfähige Hochschulen präsentiert. Im Gespräch mit Markus Zürcher, dem Generalsekretär der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, diskutiert Co-Autor Matthias Ammann die Vorschläge von Avenir Suisse.

Wenig beeindruckt zeigt sich Markus Zürcher von der Feststellung, dass die Kosten pro Studierenden zu den höchsten gehören – das gelte für alles und jedes in der Schweiz. Die von Avenir Suisse geforderte höhere Autonomie der Hochschulen, bzw. eine Beschränkung des politischen Einflusses, unterstützt er hingegen sehr. Es gebe in der Tat ausgesprochen viele Standorte auf relativ kleiner Fläche. Anderseits bemühten sich die Hochschulen, Schwerpunkte und Netzwerke zu bilden. Die zunehmende Projektförderung und abnehmende Grundfinanzierung führe automatisch zu Schwerpunktbildung.

Um das Stichwort «Wettbewerb» entspinnt sich im Podcast eine ausführlichere Diskussion: Geht es bei der Forderung nach Wettbewerb darum, möglichst viel Drittmittel einzuwerben, möglichst viele Studierende anzuziehen oder um die höchste Zahl an Publikationen? – Insbesondere hinter letzteres setzt Zürcher Fragezeichen: Der Publikationsausstoss nehme ständig zu, tauge aber nur beschränkt als Qualitätsmerkmal. Exzellenz und Qualität seien zwei verschiedene Dinge. Jede Hochschule versuche, sich als ein Exzellenzzentrum zu positionieren – mit dem Resultat, dass am Ende alle irgendwo exzellent seien. Qualität hingegen sei schwer zu messen.

Den Fachkräftemangel im Bereich der Mint-Fächer beurteilt Zürcher weniger kritisch als Avenir Suisse. Die Tatsache, dass sich seit 1991 die Anzahl der Studierenden in Naturwissenschaften und in technischen Wissenschaften verdoppelt haben, während sie im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften konstant geblieben sind, stimmt ihn zuversichtlich. Daran erkenne man die hohe Sensibilität bei den Jungen.

Der vielleicht umstrittenste Vorschlag der Avenir-Suisse-Hochschulstudie betrifft die Forderung nach höheren Studiengebühren. Dieser Forderung hält Zürcher entgegen, dass es bei uns kein ausgebautes Stipendiensystem gibt wie in den angelsächsischen Ländern. Auch äussert er Zweifel an der disziplinierenden Wirkung von Studiengebühren. Nicht zuletzt solle man daran denken, dass Umwege den Horizont erweitern.


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Matthias Ammann, Nicole Dreyfus

Ein Ökonom mit radikalen Ideen

Podcast Jürg Müller verteidigt gegenüber Jakob Schaad sein Buch «The End of Banking»

Der NZZ-Redaktor Jürg Müller ist Co-Autor des ökonomischen Buches «The End of Banking», das unter dem Pseudonym Jonathan McMillan publiziert wurde. Die Publikation setzt sich kritisch mit dem Bankenwesen, der Kreditschöpfung und dem Geldsystem auseinander. Die Autoren beschäftigen sich mit den Boom-and-Bust-Zyklen, den exzessiven Risiken, exorbitanten Managerentschädigungen und der Too-big-to-fail-Problematik. Mit ihrer «systemic solvency rule» lancieren sie eine radikale Reformidee, die noch über die Forderungen der Vollgeldinitiative hinausgeht. Unter der Leitung von Nico Leuenberger diskutiert Jakob Schaad mit Jürg Müller.

Die Informationstechnologien hätten die Art und Weise, wie wir versucht haben, das Banking zu kontrollieren, zerstört – also das Regulierungswerk, sagt der Autor. Deshalb schlage er im Unterschied zur heutigen Bankenregulierung oder zur Vollgeldinitiative vor, eine Solvenzregel einzuführen, die dazu führen würde, dass systemische Risiken im Finanzsystem nicht mehr eingegangen werden könnten.

Den Einwand von Jakob Schaad, die vorgeschlagene Lösung scheine ihm äusserst radikal, beantwortet Müller mit dem Argument, wir lebten in radikalen Zeiten. Die Informationstechnologien hätten schon viele Branchen auf den Kopf gestellt, das gelte auch für den Finanzsektor.

 


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Jürg Müller, Jakob Schaad, Nico Leuenberger

Das Alter ist näher als gedacht

Podcast Roundtable mit Avenir Jeunesse zum Thema «Altersvorsorge»

Im April hat Avenir Jeunesse ihre erste gedruckte Publikation herausgegeben – ausgerechnet zur «Altersvorsorge». Ziel der Broschüre ist es, die junge Generation auf das komplexe Thema zu sensibilisieren. Nach den Diskussionen und Polemiken im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Altersvorsorge 2020 war es Salomè Vogt und ihrem Team von Avenir Jeunesse ein Anliegen, einen verständlichen Überblick zu schaffen und aufzuzeigen, vor welchen Herausforderungen das schweizerische Vorsorgesystem steht.

Die Publikation ist aber nicht nur für Jüngere, sondern für alle Interessierten ein nützlicher Leitfaden. Insbesondere haben es die Autorinnen und Autoren vermieden, Jung gegen Alt auszuspielen. Im Roundtable-Podcast erklären Salomè Vogt, Noémie Roten, Jennifer Langenegger, Laura Calendo und Mario Bonato, weshalb die Altersvorsorge selber in die Jahre gekommen ist: Sie beruht nämlich nicht nur auf einem gestrigen Gesellschaftsbild, sondern auch auf veralteten Annahmen hinsichtlich des Bevölkerungswachstums. Zusätzlich sind die Trends eindeutig, in welche Richtung sich das Rentensystem entwickeln wird: Einerseits verbringen wir dank der gestiegenen Lebenserwartung mehr Zeit in Pension. Anderseits sinken die Rentenbeiträge, weil die Erwerbsbevölkerung schrumpft und die Babyboomer pensioniert werden.

Die Dringlichkeit, eine Lösung für diese zunehmend klaffende Schere zu finden, wird unterschätzt, glauben die Teilnehmenden des Roundtables. Der Schuldenberg wächst und belastet die junge Generation. Bereits 2030 ist die aktuelle AHV-Reserve von 44 Mrd. Fr. aufgebraucht, und schon 2035 wird ein Loch von 45 Mrd. Fr. zu stopfen sein.

Bei der 2. Säule, den Pensionskassen, präsentiert sich die Situation nicht viel besser: Das System geht von traditionellen Arbeitsmodellen und überkommenen Familienstrukturen aus. Fast jeder und jede Dritte arbeitet heute mit reduziertem Pensum, die Mehrfachbeschäftigung hat ebenfalls zugenommen. Wenn beide Lebenspartner teilzeitlich erwerbstätig sind, fliesst aufgrund des Koordinationsabzuges weniger Geld in die berufliche Vorsorge.

Die Gesprächsteilnehmerinnen von Avenir Jeunesse sind sich darüber einig, dass die Diskussion über die Erhöhung des Rentenalters enttabuisiert werden muss. Vor allem jedoch gelte es, bereits als junger Mensch ans Alter zu denken. Konkret: Um keine irreversiblen Beitragslücken entstehen zu lassen, dürfe man bereits während des Studiums nicht vergessen, AHV-Beiträge einzuzahlen. Ausserdem sei man nach dem Eintritt ins Berufsleben gut beraten, sich über die Sparmöglichkeiten in der 3. Säule zu informieren.

Publikation «Heute, nicht morgen! – Ideen für eine fortschrittliche Altersvorsorge»


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Salomè Vogt, Noémie Roten, Laura Calendo, Mario Bonato, Jennifer Anthamatten

«Selbst Linke sind in Schwyz konservativer»

Avenir-Suisse-Freiheitsindex, Podcast Der Schwyzer Regierungsrat Kaspar Michel im Gespräch mit Laura Calendo und Samuel Rutz über den Avenir-Suisse-Freiheitsindex

Kaspar Michel, Finanzdirektor des Kantons Schwyz, hat am Regierungssitz in Schwyz mit Laura Calendo und Samuel Rutz über den praktischen Nutzen des jährlich erscheinenden Avenir-Suisse-Freiheitsindexes gesprochen. Sein Kanton nimmt in der Auswertung seit Jahren einen Spitzenplatz ein. Betrachtet man nur die ökonomischen Indikatoren, liegt Schwyz aktuell sogar auf Rang 1.

Für Michel besteht der grösste Wert des Freiheitsindexes darin, dass den Kantonen damit ein Spiegel vorgehalten wird. Die Untersuchung gebe Hinweise darauf, wo Verbesserungspotenzial bestehe – auch wenn man über einzelne Aspekte des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes diskutieren könne.

Gerade im Kanton Schwyz sei der Freiheitsbegriff ein wesentliches Leitinstrument für sämtliche politischen Tätigkeiten. Der Freiheitsbegriff sei historisch konnotiert und finde heute noch in der täglichen Politik Verwendung – auch wenn jeder etwas anderes darunter verstehe. Grundsätzlich einig sei man sich auf breiter Front darüber, dass so wenig wie möglich reguliert werden solle und dass man nicht jedem Trend hinterherrennen müsse.

Kaspar Michel (links) im Gespräch mit Laura Calendo und Samuel Rutz am Sitz der Schwyzer Kantonsregierung. (Avenir Suisse)

Entsprechend versuche man im Kanton Schwyz, eigene Gedanken zu entwickeln und eigene Bedürfnisse abzudecken. Es gebe, wie vermutlich in anderen Zentralschweizer Kantonen auch, eine Grundskepsis gegenüber neuen Regulatorien. Schwyz setze Bundesrecht sehr zurückhaltend um, was der lokalen politischen Tradition entspreche.

Die Frage, ob es messbare Resultate der liberalen Politik im ökonomischen Bereich gebe, bejaht Michel ausdrücklich. Die Erfolge dieser Politik – etwa die Neuansiedlung von Gewerbe und Industrie – drücke sich in einer tiefen steuerlichen Belastung aus, gerade für juristische, aber auch für natürliche Personen. Herausforderungen sieht der Finanzdirektor darin, die Standortvorteile zu erhalten und die steuerliche Belastung tief zu halten. Kritisch sieht er die negative Pendlerbilanz: Viele geniessen den schönen Lebensraum im Kanton Schwyz, fahren aber nach Zürich, Zug oder Luzern zur Arbeit. Ziel sei es, in Schwyz noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen, um die Wertschöpfung im Kanton zu halten und zu erhöhen.

Verbesserungspotenzial gibt es gemäss dem Avenir-Suisse-Freiheitsindex vor allem im zivilen Bereich – etwa bei den politischen Rechten für Ausländer oder in Sachen langer Wohnsitzanforderungen für Einbürgerungen. Hierfür sieht Michel kurz- oder mittelfristig wenig Chancen – und auch kaum Bedarf. Schwyz sei ein freiheitlicher, aber auch recht konservativer Kanton – das gelte selbst für die Linke. In Sachen Ausländerrechte gehöre man nicht zu den Vorreitern. Entsprechend stellt der Regierungsrat gewisse Indikatoren des Avenir-Suisse-Freiheitsindexes in Frage: Das Ausländerrecht würden nicht viele Leute auf Schwyzer Strassen als wesentliches Merkmal für eine freiheitliche Gesellschaft anerkennen, meint er. Grundsätzlich seien die Schwyzer zufrieden und gut unterwegs.


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Samuel Rutz, Laura Calendo

Augen verschliessen kann teuer werden

Podcast Thomas Lorenz von der Stiftung Zukunft.li im Gespräch mit Jérôme Cosandey über das obligatorische individuelle Pflegekapital

Seit Jahren propagiert Avenir Suisse ein obligatorisches individuelles Pflegekapital für die Finanzierung der Alterspflege. Die Stiftung Zukunft.li in Liechtenstein hat ein ähnliches Modell entwickelt. Thomas Lorenz, Direktor des Think-Tanks im Fürstentum, erklärt im Podcast mit Jérôme Cosandey, Forschungsleiter für Sozialpolitik bei Avenir Suisse, die Hintergründe seines Vorschlags.

Der Idee zugrunde liegt die demografische Entwicklung, die auch in Liechtenstein Sorge bereitet. Der Hauptunterschied zum Modell von Avenir Suisse bestehe darin, dass im Fürstentum kein Zielbetrag festgelegt werden soll, der beim Eintritt in die Pflegebedürftigkeit vorhanden sein muss. Avenir Suisse hingegen peilt ein Kapital an, das die Finanzierung eines durchschnittlichen Heimaufenthalts sicherstellt. Die Liechtensteiner orientieren sich aus Gründen der politischen Machbarkeit daran, was für einen relevanten Teil der Bevölkerung finanziell zumutbar ist. Beiden Vorschlägen gemeinsam ist die Vererbbarkeit des Pflegekapitals bei Nichtverwendung.

Für Jérôme Cosandey ist klar, dass wir ohne Anpassung der heutigen Schweizer Pflegefinanzierung über Steuern und Krankenkassenprämien mehr bezahlen werden als bisher. Der Bundesrat geht davon aus, dass bis 2045 eine Erhöhung der Steuern um 12% nötig wird und sich der Anteil der Krankenkassenprämien für den Bereich der Alterspflege verdoppelt. Jérôme Cosandey plädiert deshalb dafür, Anreize für eine Verhaltensänderung zu setzen: Aus den hohen Krankenkassenprämien werde ein Anspruch abgeleitet, das einbezahlte Geld auf die eine oder andere Weise zurückzuerhalten. Habe man indessen eigenes Kapital für die Alterspflege angespart, bemühe man sich eher darum, altersgerecht zu wohnen oder den Heimeintritt möglichst zu verzögern – oft mit der Unterstützung von Angehörigen.

Ähnlich wie in der Schweiz sträubt sich auch in Liechtenstein die Regierung bisher gegen ein obligatorisches individuelles Alterskapital – mit der Begründung, das Modell sei nicht mehrheitsfähig. Der Vorschlag der Stiftung Zukunft.li habe das Thema jedoch ins politische Bewusstsein gerückt, sagt Thomas Lorenz. Im letzten Dezember wurde im Landtag ein breit abgestütztes, von allen Fraktionen mitgetragenes Postulat überwiesen, wonach die Regierung im Laufe dieses Jahres diverse Fragen beantworten muss. Auch hat der Fürst in seiner Neujahrs-Thronrede das Thema prominent hervorgehoben.

Einen ähnlichen Vorstoss hatte zwar Ständerat Josef Dittli Ende 2016 auch in der Schweiz eingereicht, ist beim Bundesrat aber auf taube Ohren gestossen: Dies nicht nur, weil Pflege in der Schweiz Sache der Kantone ist. Der Bundesrat bezweifelt, dass ein obligatorisches individuelles Pflegekapital das richtige Modell sei, da nur ein knappes Zehntel der 65-Jährigen und Älteren intensive Pflege beanspruchen würden. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme in einem spezifischen Jahr, betont Cosandey. Man könne daraus nicht hochrechnen, wie viele Personen in ihrem gesamten Leben pflegebedürftig sein werden. Sowieso könne ein Pflegekapital nicht alle Risiken abdecken, sondern sichere nur einen typischen Grundbedarf – den «First-Level-Support» sozusagen.

Thomas Lorenz glaubt, dass die Höhe des angesparten Betrags nicht so relevant sei. Ob zum Zeitpunkt der Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit 50’000 oder 100’000 Fr. auf dem Konto liegen, spiele eine untergeordnete Rolle. Das Pflegekapital werde die bestehenden Finanzierungsmechanismen nie gänzlich ablösen können, sondern höchstens eine Entlastung für künftige Steuerzahler darstellen. Die grundsätzliche Frage lautet vielmehr, ob wir willens und fähig seien, über ein System nachzudenken, das stärkere Eigenverantwortung verlangt – aber im Rahmen der wirtschaftlichen Tragbarkeit für den Einzelnen.

Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie in der Studie «Neue Massstäbe für die Alterspflege».


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Jérôme Cosandey, Nico Leuenberger
https://www.avenir-suisse.ch/podcasts/page/9