«Es muss danach getrachtet werden, jede unnötige Doppelarbeit zu vermeiden, die Kontrolle auf das unumgänglich Notwendige zu beschränken und jede überflüssige Berichterstattung zu beseitigen. Die Verwaltung sollte schon in ihrem inneren Aufbau, ihrer Organisation, einfacher, natürlicher und sparsamer ausgebildet werden.»

Eine durchaus sinnvolle Aussage, wenn auch nicht von erheblicher Neuigkeit – stammt es doch aus einer Botschaft des Bundesrates aus dem Jahre 1936. Damals betrug die Anzahl der Beamten in der Zentralverwaltung gerade mal 5817 Personen, doch schon da gab es offensichtlich Probleme der Aufsicht und der gewünschten Effizienz. Die mahnenden Worte des damaligen Bundespräsidenten, dem Zürcher Albert Meyer, haben den Test der Zeit nicht bestanden. So beschäftig heutzutage allein die Bundesverwaltung fast 40 000 Personen und bricht fast jährlich neue Rekorde (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Anzahl Beschäftigte in der Bundesverwaltung

Die häufig gebrachte Argumentation, dass die Zahl der öffentlich Beschäftigten mit einer wachsenden Bevölkerung zwangsläufig steigen müsse, verfängt hier nicht. Vergleicht man das Bevölkerungswachstum, erkennt man die höhere Wachstumsrate der Bundesverwaltung (vgl. Abb. 2).

Die Kantone stehen diesem Wachstum in nichts nach. Allein der Verwaltungskörper im bevölkerungsreichen Kanton Zürich kratzt in diesem Jahr an der 50 000-Stellen-Marke – dies ist mehr als die Einwohnerzahl der 11. grössten Schweizer Stadt. Schweizweit arbeiten fast 800 000 Personen im öffentlichen Sektor. Sinnvolle Vergleichsgrössen sind somit nicht mehr die Schweizer Städte, sondern bereits die Kantone. Ein solcher «Beamtenstaat» wäre fast so bevölkerungsreich, wie der Kanton Waadt. Vergangene Bestrebungen durch einen «bürgerlichen Schulterschluss» die öffentlichen Stellen zu plafonieren, sind gescheitert. Ein expliziter Stellenstopp wäre aber zentral, um den öffentlichen Sektor einzudämmen und den privaten Sektor nicht abzuwürgen.

Abb. 2: Wachstumsrate der Bundesverwaltung und der Bevölkerung

Die öffentliche Hand zieht denn nicht nur in zunehmend stärkerem Masse Arbeitnehmende aus dem Stellenmarkt an, sondern kann durch Steuergelder finanzierte und rechtlich abgesicherte Konditionen vermehrt Talente aus dem privaten Sektor abziehen. Der Staat ist damit mitentscheidend ein Treiber des Fachkräftemangels in der Wirtschaft. Gerade durch die Unsicherheiten der Corona-Krise ködert der Bund mit der Arbeitsplatzsicherheit ungehindert. «Die Bundesverwaltung war schon immer eine attraktive Arbeitgeberin – in Krisenzeiten aus nachvollziehbaren Gründen umso mehr», vermeldet das Eidgenössische Personalamt (EPA). So lockt der Bund mit diversen «Beamtenprivilegien», wie etwa Orts-, Funktions-, Sonder-, und Arbeitsmarktzulagen oder fragwürdigen Lohnerhöhungsautomatismen. Der durchschnittliche Bruttolohn der fast 40 000 Beamten summiert sich dadurch auf über 124 000 Fr. Dass mit einer solchen staatlichen «Angebotspalette» der Anteil der Beschäftigten im öffentlichen Sektor schneller wächst als derjenigen der Privaten ist kaum verwunderlich (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Wachstumsraten von privatem und öffentlichem Sektor

Diese Entwicklung hin zum «Beamtenstaat» hat weitreichende Konsequenzen. Wie in der aktuellen Sommerreihe von Avenir Suisse beschrieben wird, ist der Reformstau in der Schweiz nach wie vor eine Tatsache. Grosse zukunftsweisende Projekte, wie eine Reform der Altersvorsorge, des Spitalwesens oder der Strompolitik, aber auch etwa die Einführung eines Finanzreferendums oder die Abschaffung von Staatsgarantien und Steuervergünstigungen,  werden auf die lange Bank geschoben. Die Verwaltungsmentalität verhindert massgeblich den Ausbruch aus dieser Passivität.

Einer der einzigen vermeintlichen Meilensteine lässt sich bei den Zöllen erblicken. Diese werden bei sämtlichen Industriegütern unilateral auf null gesetzt. Doch selbst hier macht sich die unaushaltbare Trägheit bemerkbar. Mit etwas Finesse und genügend Willensstärke hätte diese Erleichterung für die Wirtschaft bereits anfangs Jahr in Kraft treten können. Um der eigenen Behörde und der Wirtschaft «genügend Vorlaufzeit» zu gewähren wurde “grosszügigerweise” der 1. Januar 2024 gewählt. Die Vereinfachung der Zolltarife, sowie das Nichtbezahlen der Zölle wären vorher für die Wirtschaft nicht zumutbar gewesen? – eine sonderliche, wahrhaft bürokratische Denkweise.