Podcast
Gespräch mit Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich
,
Fabian Schnell,
Nicole Dreyfus
Nicht in fremden Gärten gärtnern
PodcastGespräch mit Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit an der Universität Zürich
In der Debatte um Menschenrechte und globale Wirtschaft wird oft die Moralkeule geschwungen – und der Prügelknabe steht längst fest: die multinationalen Unternehmen. Sie sollen von unethischen Geschäftspraktiken profitieren, ihre Macht auf Kosten der Gesellschaft einsetzen und dadurch das Gemeinwohl unterminieren, heisst es. Entsprechend wird gefordert, Schweizer Konzerne müssten mehr Verantwortung übernehmen und Schweizer Recht im Ausland umsetzen – zum Beispiel durch die Unternehmensverantwortungs-Initiative.
Wie sinnvoll und ethisch ist die Übertragung des Schweizer Rechts tatsächlich? Und entspricht das gezeichnete Bild der Multis der Realität?
Anlässlich der kürzlich publizierten Studie «Schweizer Vögte in der Fremde» diskutieren Fabian Schnell, Forschungsleiter Smart Government, und Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit (CCRS) an der Universität Zürich, unter der Leitung von Nicole Dreyfus über die Rolle und das Potenzial der Multinationalen als regionale Akteure in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Jedes Land soll über ein eigenes Rechtssystem verfügen und es gemäss lokalen Gegebenheiten entwickeln können, betont Fabian Schnell. Der Versuch, in Entwicklungs- und Schwellenländern nun Schweizer Recht durchzusetzen, erhöht vor allem das Investitionsrisiko, führt zu deren Rückgang und verhindert damit die Verbesserung der ökonomischen Lage in den betroffenen Ländern. Philipp Aerni sieht beurteilt die Problematik ähnlich: Die Regulierung müsse entsprechend dem Stadium des Strukturwandels vor Ort angepasst werden. Jedes Land soll gemäss seinem Tempo einen eigenen Policy-Mix finden und bestimmen, wie es den Wandel nachhaltig fördern möchte.
Unproduktiv und schädlich findet er polarisierende Debatten, in denen positive Beispiele kaum Platz finden. Das sei schade, denn manche Unternehmen leisten mehr als die NGO, weil sie im lokalen Markt Arbeitsplätze und das Know-how schaffen. Stereotypisierungen der multinationalen Konzerne vergiften hingegen die Atmosphäre und verhindern eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft. Das Potenzial international tätiger Unternehmen muss im Interesse der Entwicklungsländer, aber auch im Interesse der Schweiz erkannt und genutzt werden.
«Es geht darum, den Bauern eine Perspektive zu geben»
Podcast
Warum der Status quo in der Schweizer Landwirtschaft nicht nachhaltig ist
,
Patrick Dümmler,
Noémie Roten,
Nicole Dreyfus
«Es geht darum, den Bauern eine Perspektive zu geben»
PodcastWarum der Status quo in der Schweizer Landwirtschaft nicht nachhaltig ist
Vor wenigen Wochen hat Avenir Suisse mit der Studie «Eine Agrarpolitik mit Zukunft» eine Zehn-Punkte-Strategie für die langfristige Reform der Schweizer Landwirtschaft präsentiert. «Absurd» und «unrealistisch» waren noch die freundlicheren Worte, mit denen der Schweizer Bauernverband auf die Vorschläge der Denkfabrik damals antwortete.
Im Gespräch mit Nicole Dreifus verteidigen die beiden Studienautoren Patrick Dümmler und Noémie Roten ihren Standpunkt. Der Status quo mache aktuell niemanden zufrieden: weder die Konsumenten, die hohe Preise für die Nahrungsmittel zahlen, noch die Bauern, die trotz hohen Arbeitseinsatzes kaum Rendite erwirtschaften. Dass auch die Bevölkerung die Landwirtschaftspolitik zunehmend kritisch sieht, zeige die wachsende Zahl politischer Initiativen in diesem Bereich. Neben den (erwarteten) kritischen Reaktionen haben die Autoren auch positives Feedback erhalten, von besorgten Bürgern oder von Leuten, die sich mit der Agrarpolitik befassen. Gut aufgenommen wurde auch das «Privilegienregister der Schweizer Landwirtschaft», mit dem Avenir Suisse Licht in den landwirtschaftlichen Subventionsdschungel bringt und das in den nächsten Jahren laufend aktualisiert werden soll.
Das ausserordentlich grosse Echo zeige vor allem eines: Die Studie hat einen wunden Punkt getroffen. Die weitverbreitete Unzufriedenheit mit der Schweizer Agrarpolitik sei umso bedenklicher, wenn man ihre gesamten volkswirtschaftlichen Kosten in Betracht ziehe. Diese betragen nämlich, wie die Studie zeigte, nicht weniger als 20 Mrd. Fr.
Mit dem Reformprogramm sollen die Subventionen in die Landwirtschaft gezielter fliessen und auch gleich lange Spiesse für die Bauern innerhalb der Wirtschaft geschaffen werden – also gegenüber dem Gewerbe und der Industrie. Warum etwa erhalten Bauern die Treibstoffsteuern rückerstattet, nicht aber ein Malerbetrieb? Deregulierung und Wettbewerb könnten die Innovationskraft, die in diesem Sektor schlummert, wecken. Davon profitiert am Schluss die ganze Volkswirtschaft, nicht zuletzt die Bauern selbst.
Dass Grenzöffnung und weniger Subventionen oft sehr positive Auswirkungen haben, zeige das Beispiel Österreich, das sich seit 1995 innerhalb der EU zu einem Feinkostladen für den gesamten EU-Binnenmarkt entwickelt hat. Es wäre durchaus auch eine Chance für die Schweizer Bauern, wenn sie an diesem grossen europäischen Markt teilhaben könnten.